Nach 25 Jahren der Abstinenz aus dem Hardware-Segment hat Atari nun genauere Informationen zu seiner kommenden Ataribox verlauten lassen. Unser Fazit: Das ist eine blöde Idee. Aber lasst uns zuerst einen Schritt zurück machen. Was ist die Ataribox überhaupt?
Bei dem Gerät mit dem sehr kastigen Namen handelt es sich um die kommende Konsole des einstigen großen Fisches im Meer der Videospiele: Atari. So weit, so gut, das konnte man dem Namen auch noch entnehmen. Viel mehr war nach der ersten Ankündigung vor zwei Monaten aber auch noch nicht bekannt.
Jetzt hat Feargal Mac – Chef-Entwickler und Manager bei Atari – gegenüber Games Beat ein paar Infos gedroppt. Nach denen wird die Ataribox zwischen 250 und 300 US-Dollar kosten, auf Linux laufen und sowohl hauseigene Klassiker als auch neuere Titel auf unsere Fernseher spucken können. Bei letzteren soll es sich hauptsächlich um Indie-Titel handeln.
Schick ist sie ja, die Box.
Die Ataribox wird nach Angaben der Entwickler keine AAA-Titel spielen können. Das packt die Konsole nicht. Der angepasste AMD-Prozessor mit Radeon-Grafikkarte wird eher dem Level eines mittelstarken PCs entsprechen. Von Grand Theft Auto und Assassin’s Creed werden wir uns also schon einmal verabschieden können.
Für Indie-Titel alleine wird sich eine eigene Konsole – die noch dazu im gleichen Preissegment spielt wie die PS4 – aber sicher nicht auszahlen. Auch die angebrachten Punkte, dass man auf ihr das Interface ganz nach seinen Vorstellungen bearbeiten könne und streamen sowie den Browser verwenden könne, entlocken uns keine Jubelrufe.
Grund 2: Die Konkurrenz
Doch selbst, wenn die Ataribox in Sachen Leistung mit der PS4 (Pro) oder der Xbox One (X) mithalten könnte, würde das noch lange nichts heißen. Sony und Microsoft sind die derzeit unangefochtenen Platzhirschen in Sachen Mainstream-Gaming. Es mit ihnen aufzunehmen, stellt eine Herkulesaufgabe dar.
Hinzu kommt, dass eine Konsole nur gekauft wird, wenn Spiele dafür produziert werden. Zugleich werden Spiele nur dann dafür produziert, wenn die Konsole auch gekauft wird. Ein Doppelproblem, das die Ouya und auch die Wii U in die Schranken gewiesen hat und das die Nintendo Switch nun wieder mit Bravour zu bestehen scheint.
Grund 3: Das Alleinstellungsmerkmal
Apropos Nintendo Switch: Die kann ja nun auch nicht mit der PS4 und der Xbox One mithalten, wenn es um Leistung geht. Dennoch verkauft sie sich wie warme Semmeln. Oder geschnitten Brot, damit unsere deutschen Leser mich auch verstehen. Das Gleiche könnte ja auch mit der Ataribox passieren, oder?
Jain. Natürlich können wir nicht ausschließen, dass die Ataribox dem Weg folgt, den die Switch vorgezeichnet hat, aber es ist unwahrscheinlich. Im Gegensatz zur Switch fehlt der Ataribox nämlich ein Alleinstellungsmerkmal.
Die Switch ist nicht nur eine Hybrid-Konsole – Handheld und Standgerät in einem –, sondern liefert zugleich auch noch die volle Ladung Nintendo-Power mit Super Mario, The Legend of Zelda, Metroid, etc. Die Ataribox wäre allerdings nur eine weitere Standkonsole mit Franchises, die nun auch keinen Hund hinter dem Ofen hervor locken.
Größte Hypebremse: Welche neuen Titel es denn nun wirklich auf die Ataribox schaffen werden, ist bis dato nicht bekannt. Warum sich Atari ausgerechnet zum wichtigsten Vermarktungsaspekt ausschweigt, bleibt alleine ihr Geheimnis.
Hat sie jetzt gar keine Chance?
Wie die Konsole de facto am Markt performen wird – und ob sie überhaupt jemanden juckt –, wird sich noch diesen Herbst zeigen. Da soll sie zumindest zum Teil über Indiegogo finanziert werden.
Für den Mainstream wird sie vermutlich uninteressant bleiben. Zumindest solange der generelle Grafik-Fetischismus weiter anhält. Für Nostalgiker und Fans des Entwicklers könnte die Konsole aber durchaus interessant werden. Und schön aussehen tut sie ja allemal. Auch wenn Atari übertrieben viel Freude an seiner Echtholzleiste hat.
Wir sind auf jeden Fall gespannt, wie sich die Konsole im Vergleich mit dem restlichen Markt machen wird und ob damit tatsächlich eine neue Ära für Atari beginnen kann, wie Feargal Mac hofft. Wünschenswert für sie wäre es. Die größte Marke des Hauses ist aktuell ja auch Rollercoaster Tycoon. Tja.
Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!