Am 19. und 20. Mai füllt das Button Festival zum dritten Mal die Seifenfabrik in Graz. Wir haben mit Veranstalter Harald Koberg über das Event, das Image von Gamern und das Spielen im Allgemeinen gesprochen:
Screaming Pixel: Das Button Festival steht ja schon quasi vor der Tür. Wie laufen die Vorbereitungen? Schläfst du überhaupt noch?
Harald Koberg: Es geht dieses Jahr tatsächlich noch einmal eine Spur besser. Man wird routinierter und wir haben dieses Mal auch mehr Vorlaufzeit. Das erste Button ist im letzten Monat vor der Veranstaltung entstanden. Ich hab diesen fatalistischen Zugang: Irgendetwas Grobes wird noch schiefgehen.
Ihr geht heuer in die dritte Runde. Was habt ihr aus den letzten Jahren mitnehmen können?
Ganz stark auf Kooperationen hinzuarbeiten. Und auch einzelnen Gruppen zu sagen: “Wir bereiten euch den Raum vor und ihr bespielt das dann dort.” Das funktioniert von Jahr zu Jahr besser. Wir können dieses Jahr vorab klarer kommunizieren, was wann stattfindet. Es gibt heuer zum ersten Mal auch einen Zeitplan für die Besucher.
Also weg vom Barcamp-Gedanken?
(lacht) Genau! Das wollten wir schon letztes Jahr schaffen. Gerade die, die bei Turnieren mitspielen wollen, freuen sich, wenn sie wissen, wann das Turnier ist.
Was sind die Ziele für das heurige Button?
Die sind wie in den Jahren zuvor: Eine reibungslose Geschichte aufbauen. Wir sind auch recht zuversichtlich, dass in diesem Jahr wieder mehr Leute kommen, als im Jahr davor. Uns geht’s in erster Linie um die Balance zwischen Leuten vor Ort und dem Angebot. Die Zahl an Spielstationen und an Möglichkeiten, etwas zu tun, soll den Besucherzahlen entsprechen.
Wenn es so große Events gibt, wie die Gamescom, die E3, auch die Gamecity in Wien – zahlt es sich da aus, überhaupt ein Festival für Graz zu machen?
Die Leute freuen sich schon, dass hier in der Gegend etwas stattfindet. In Österreich gibt es nicht so viel. Aber wir versuchen eben im Vergleich zur Gamecity, etwas ganz anderes zu machen. Natürlich hat die Gamecity mehr Angebot, aber da sind dann auch 60.000 Leute. Dementsprechend vollgedrängt ist diese Messe. Uns ist wichtig, dass man nicht das Gefühl hat, man ist nur als Rezipient für Werbung da.
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Neben aktuellen Titeln gibt es am Button eine Retro-Ausstellung © Button Festival
Sind bei den Ausstellern auch Neuzugänge dabei?
Tendenziell ist es das gleiche wie letztes Jahr. Aber es entwickelt sich in allen Bereichen weiter. Bei den Game-Developern wird dieses Jahr ein Preis fürs beste Indie-Game vergeben. Der SAGA-Award (StyriAn Games Award). Eine ganz neue Geschichte ist der Geek’s-Quiz-Brunch am Samstag Vormittag.
Wenn du immer von Spielen umgeben bist: Zockst du da privat überhaupt noch oder verliert das irgendwann seinen Reiz?
In manchen Situationen passiert das ein wenig. Ich schreib nebenher auch Reviews und bin Gutachter bei der BuPP, der Bundesstelle für Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen. Ich hab also unterschiedliche Richtungen, aus denen ich immer wieder Spiele bekomme, die ich dann mehr oder minder spielen muss. In den meisten Fällen ist das aber immer noch genauso lustig wie sonst.
Was spielst du dann in der Freizeit hauptsächlich?
Das ist schon sehr breit… Ich hab eine gewisse Tendenz zu Action-Rollenspielen. Momentan alles sehr gern, was sich ein wenig in diesen Souls-Gefilden bewegt. Horizon Zero Dawn hat mir auch irrsinnig gefallen. Obwohl ich schon ein wenig übersättigt war von Open World. Aber die haben das irgendwie sehr gut gemacht.
Eine große Liebe sind auch noch die Beat’em’Ups. Vor allem Tekken. Früher hat man sich Nächte um Nächte duelliert. Die Zeit, die man als Jugendlicher hineingesteckt hat, ist aber nicht mehr da.
Das hört sich an, als wäre das Spielen für dich mehr, als einfach nur auf ein Ziel hinzuarbeiten und zu gewinnen, oder?
Natürlich. In einem Verein wie dem Ludovico wäre es ja schon fast rufschädigend, wenn man das sagen würde. Auf der einen Seite plädiere ich immer dafür, dass Spielen einem nichts bringen muss. Es ist eine Freizeitbeschäftigung. Und wenn die mir Spaß macht, ist das Legitimation genug.
Gleichzeitig bin ich der Überzeugung, dass man durch Spielen viel lernt. Bei Minecraft-Spielern entwickeln sehr junge Spieler zum Beispiel schon enorme Recherchefähigkeiten, weil sie recht komplexe Problemstellungen im Spiel lösen, indem sie sich in Foren und auf YouTube die Sachen zusammensammeln.
Gibt’s da eine Geschichte, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Eine, von vor kurzem. Ich spiel gerade mit einem Cousin von mir Nioh. Zusammen, also wer stirbt, gibt den Controller ab. Das funktioniert da ganz gut, weil meistens niemand so lang warten muss (lacht). Da will man dann einerseits besser sein als der andere, freut sich aber andererseits auch sehr, wenn der andere irgendwelche schweren Passagen schafft, weil man es dann selbst nicht mehr machen muss.
Es gab da einen Bosskampf, der sich ziemlich lange hingezogen hat. Irgendwann waren dann alle Heiltränke weg und der Boss war ganz knapp unten. Und ich hab dann einfach gemeint: “Nimm alles, was du hast und wirf!” Und er hat dann halt sämtliche Items auf den Boss gefeuert. Die haben alle minimal Schaden gemacht aber insgesamt hat es dann gereicht, dass er mit dem letzten Stein den Boss besiegt hat.
Wie nimmst du das Image von Gamern wahr? Sind wir immer noch so im Kopf der Leute verankert, wie RTL es propagiert, oder hat sich seit dem berüchtigten Bericht von der Gamescom schon etwas getan?
Ich glaub, von der Gamerseite wird oft noch unterschätzt, wie viel sich schon getan hat. Ich bin auch Kulturanthropologe und arbeite an einer Dissertation in genau dem Bereich. Da setze ich mich damit auseinander, wie Gamer von innen und von außen wahrgenommen werden. Dafür, wie viel gespielt wird, dringt immer noch sehr wenig an die Öffentlichkeit. Das merk ich auch bei Lehrervorträgen, wenn ich ein Stadion bei einem E-Sports-Events herzeige.
Das Gewaltthema ist bei uns dabei gar nicht so diskutiert, sondern die Sucht. Jeder, der drei Stunden am Nachmittag irgendwas spielt, ist ja süchtig.
Glaubst, dass Sucht tatsächlich etwas ist, das passieren kann?
Es kann tatsächlich passieren, glaub ich. Aber es wird massiv überschätzt, wie viele das betrifft. Viele, die in Gamerkreisen unterwegs sind, kennen vielleicht auch einzelne, wo es schon in die Richtung gegangen ist. Aber – und da sind wir Gamer auch nicht ganz unschuldig – es wird auch sehr schnell von Sucht gesprochen. Wir sagen ja selber: “Ich hab jetzt gestern wieder das-und-das gesüchtelt.” Das weicht den Suchtbegriff natürlich auf. Aber wenn es ein intensives Hobby ist und ich meine 10-15 Stunden pro Woche zu spielen, heißt das nicht, dass es eine Sucht sein muss.
Du hast vorher die Übersättigung von Open-World-Spielen angesprochen. Gibt es für dich aktuell einen Trend in der Videospielszene, den du dir wegwünschen würdest?
Eine klassische Kerbe wäre da unter Umständen Open World. Wobei ich solchen schnell erkannten Tendenzen gegenüber immer kritisch bin. Es kann auch sehr gut funktionieren. Und ältere Rollenspiele haben früher nichts anderes gemacht. Mir gehen auch diese ausufernden Crafting-Systeme schon ein wenig auf den Nerv. Beim letzten Fallout zum Beispiel die Sache mit dem Lagerbau.
Auf der anderen Seite: Es gibt da die Kritik an der Ubisoft-Formel mit den Wachtürmen, auf die du raufkletterst und dann die Karte damit erschließt. Horizon Zero Dawn macht das auch, aber ein bisschen anders. Dadurch ist es wieder spannender. Man muss schnell genug verstehen, dass Sachen geändert werden müssen, damit es nicht langweilig wird.
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Und auch Turnier-Spieler sind bedient © Button Festival
Bezüglich Narratologie in Spielen: Vor kurzem hat ein Artikel vom Atlantic die Runde gemacht. Die Kernaussage war: Spiele haben eine unlogische Obsession mit Storytelling und sie sollen das doch bitte Büchern und Filmen überlassen. Was sagst du dazu?
Die Diskussion kommt ja immer wieder. Und viele sagen: Die Handlung in Spielen ist mir eh egal. Plus: Oft liest man, das sei eine gute Handlung für ein Spiel, aber eben nicht in Vergleich mit anderen Medien. Ich seh das nicht so pessimistisch. Horizon Zero Dawn oder auch The Witcher sind Beispiele, die doch sehr gute Geschichten erzählt haben. Da will ich auch gar nicht so überkritisch sein und sagen: Filme erzählen ja noch viel bessere Geschichten.
Hast du irgendein Lieblingsspiel aller Zeiten?
The Witcher 3 rangiert ganz oben. Ich bin da lustigerweise relativ wenig nostalgisch. Also nicht wie andere, die sagen: “Das war dieses frühe Spiel aus meiner Jugend.” Natürlich: Baldur’s Gate 1 war für mich ein ganz großes Spiel, weil es das erste Rollenspiel in der Form für mich war. Ganz groß war für mich auch The Last Guardian.
Zurück zum Button: Worauf freust du dich am meisten?
Für mich am schönsten ist dieses Vermischen verschiedener Richtungen. Der Ausklang am Freitag ist auch immer sehr lustig. Da wird es dann schon überall dünner und die Leute scharen sich um die Bühne und man spielt noch irgendwelche schrägen Spiele. Da kommt dann trotz Großveranstaltung das auf, was wir immer behaupten: Dieses vergrößerte Wohnzimmer.
Am Button gibt es ja schon Turniere – jedoch nicht von euch selbst veranstaltet. Kannst du dir eine LAN unter dem Namen Button vorstellen?
Überlegt haben wir das auch schon. Man müsste schauen, wo man das räumlich gut unterbringt und ob es wirklich noch genug Leute gibt, die für LANs motiviert sind und mit ihren Rechnern kommen. Gerade im Bereich der Team-Turnier-Spiele wäre da aber die Nachfrage recht groß.
Und wie schauen sonst so die Zukunftspläne aus? Also nach dem Festival natürlich.
Sozusagen: “Nach dem Festival ist vor dem Festival?” (lacht) Es hängt immer davon ab, was sich heuer ergibt und was wir daraus mitnehmen können. Wir suchen auch eine gewisse Konstanz. Eben schauen, dass sich die einzelnen Bereiche gut entwickeln. Natürlich wär’s auch schön, das ein wenig mehr in der öffentlichen Wahrnehmung unterzubringen, mit dem Gedanken: “Gaming-Kultur sichtbar machen”, gegen die bestehenden Stereotypen vorzugehen.
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