Die Informationstechnik (IT) ist kaum noch aus unserem Alltag wegzudenken. Für die Grazer Organisation Catrobat ein Grund, um schon von klein an ein Verständnis für die Technik zu fördern. Von Louis Oelmann.
Viele junge Menschen trauen sich eine Ausbildung im IT-Bereich nicht zu. Grund dafür ist vor allem die Annahme, man müsse schon zu Beginn ein totaler IT-Crack sein, um ansatzweise mit den anderen Schritt halten zu können. Gerade das stereotype Bild des männlichen Programmierers schreckt Frauen und vor allem junge Mädchen ab. Wie in anderen Bereichen legt man viel Wert darauf, den Beruf des Programmierens auch für das weibliche Geschlecht attraktiver zu machen.
An dieser Stelle setzt Catrobat an. Die Organisation, die 2010 an der Technischen Universität Graz ins Leben gerufen wurde, versucht mithilfe von leicht verständlichen Tools Kinder und Jugendliche dem Programmieren näher zu bringen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem weiblichen Teil ihrer Zielgruppe.
Programmieren leicht gemacht
Das Herzstück von Catrobat ist die App Pocket Code. Diese zeigt den Kindern und Jugendlichen spielerisch die vielen Möglichkeiten, die sich beim Programmieren geben. Direkt am Handy können die angehenden IT-Experten eigene Spiele, Animationen, Geschichten oder Musikvideos erstellen. Per Drag-and-Drop ketten sie dabei Lego-ähnliche Bausteine mit Befehlen aneinander.
Der simple Aufbau soll schon von klein auf ein Grundverständnis für die digitale Welt fördern. Schon nach wenigen Minuten zeigen sich erste Erfolge, die dazu anspornen, weiterzumachen. Die Möglichkeiten sind durch die Kreativität der Kinder schier unendlich. 2014 entstand beispielsweise das Spiel Tic-Tac-Toe Master, laut Catrobat-Website das erste Spiel auf Google Play, das vollständig am Smartphone entstanden ist.
Google pusht
Eine treibende Kraft hinter dem Erfolg von Catrobat und Pocket Code ist der Internet-Gigant Google. Nachdem Catrobat im März 2013 den Austrian National Innovation Award im Bereich Multimedia bekam, bewarb Google die zugehörige App im November desselben Jahres im Zuge ihres Launches von Google Play for Education. 2014 war man dann bereits zum vierten Mal Teil des Google Summer of Code.
Aber Google half nicht nur durch Publicity und Exposure. Anfang 2015 griff Google Catrobat auch finanziell mit einem sogenannten CS4HS Grant unter die Arme. Die Förderung im Rahmen der Computer Science for High Schools-Aktion erhielt Catrobat genug Geld, um einen Massive Open Online Course (MOOC) ins Leben zu rufen.
Mädchen als Hauptzielgruppe
Wie bereits erwähnt, legt Catrobat ein besonderes Augenmerk auf Mädchen. Durch verschiedene Initiativen versucht man, jungen Mädchen das Programmieren schmackhaft zu machen. Letztes Jahr ging zum Beispiel das Projekt RemoteMentor an den Start, bei der sich Nutzerinnen live Unterstützung von alteingesessenen Mentoren und Mentorinnen aus der Catrobat-Community holen konnten. Mittels Screen-Sharing oder auch in Hangouts geben die Einblicke in ihren Code und helfen bei Problemen und Fragen.
Ein anderer Ansatz ist das Projekt Code’n’Stitch, das im September 2018 startete und noch bis August 2020 andauern soll. Um die Zielgruppe von Mädchen im Alter von 12 bis 15 Jahren besser zu erreichen, entschied man sich, Pocket Code-Nutzerinnen die Möglichkeit zu geben, Stickmaschinen zu programmieren. Auf diese Weise kann man selbst designte Muster auf Shirts, Hosen oder Taschen sticken lassen. Das klingt zwar furchtbar sexistisch, ist aber nur eine Anknüpfung an gesellschaftlich vermittelte Interessen.
Catrobats Bemühungen haben mittlerweile zu einiger Aufmerksamkeit geführt. Schon im November 2017 gab es für das geplante Remote Mentoring-Programm den „Closing the Gender Gap“-Award der Austrian Internet Foundation. Ein Jahr später erhielt Catrobat-Mitglied Bernadette Spieler für ihre Dissertation zum Thema Frauen im IT-Bereich den Gender & Diversity Award der TU Graz.
Wichtige Arbeit
Was Catrobat durch seine Initiativen bewirkt, kann sich langfristig extrem positiv auf die IT-Branche auswirken. Nicht nur, aber besonders Mädchen und junge Frauen könnten häufiger den Weg zum Programmieren finden. Vielleicht ändert sich dann auch das immer noch männliche Bild der Gaming-Branche. Immerhin kann das Programmieren von einfachen Spielen auf Pocket App ganz schnell mal zum nächsten großen AAA-Titel führen. Wer weiß, wieviele der Entwickelnden hinter dem nächsten Hit à la RDR2 mal mit einem bestickten T-Shirt angefangen haben.
Auch wenn es schlussendlich nicht in den Gaming-Bereich und nicht einmal in die IT-Branche geht, so leistet Catrobat auf jeden Fall gute Aufklärungsarbeit. Allen soll es erlaubt sein, sich gegen das Programmieren zu entscheiden. Zumindest hat man es dann aber einmal ausprobiert und nimmt hoffentlich ein Grundverständnis für die Technik von heute, morgen und übermorgen mit nach Hause.
Titelbild © Brett Sayles (Pexels)