Der aktuelle Konsolenkrieg verdient diese Bezeichnung eigentlich nicht länger. Sony dominiert und Microsoft muss dem so wichtigen Konkurrenzkampf dringend neues Leben einhauchen.
Am Ende unseres Rückblicks auf den Konsolenkrieg der vergangenen Jahre hatte Microsoft mit der Xbox 360 die Nase vorn. Im Hier und Jetzt hat sich der Wind wieder gedreht. Die Xbox One und die PlayStation 4 erschienen in Europa und Nordamerika beide im November 2013. Japan wartete bis Februar 2014 auf die PS4, die Xbox One erschien in Japan und China erst im September 2014. Es hätte ein faires Kopf an Kopf Rennen werden können, hätte sich diesmal nicht Microsoft zuvor ins eigene Knie geschossen.
Microsofts Eigentor
Die Xbox One wurde nicht länger als reine Spielekonsole vorgestellt. Stattdessen positionierte Microsoft sein Produkt als besseren Netflix-Receiver. Dazu kamen aktive Bemühungen den Gebrauchtspielemarkt auszugrenzen, eine permanenter Online-Zwang und die verzögerte Aktivierung der Konsole in manchen Ländern. Zwar reagierte Microsoft auf die massive Kritik an diesen Umständen und ruderte bei Online-Zwang und Gebrauchtspieleblockade zurück, der Schaden war aber angerichtet.
Hinzu kam: Konsolen werden durch Spiele verkauft. Im Idealfall plattform-exklusive Spiele. Konnte die Xbox One den Kampf mit der PS4 aufnehmen? Wir kennen heute leider die Antwort. Ganz und gar nicht. Dabei hatte auch die PlayStation 4 einen langsamen Start. Die letzten beiden Jahre haben den Konsolenkrieg für diese Generation aber erneut entschieden.
Als grundsätzliches Problem steht auf Seite von Microsoft, dass kein einziges Spiel wirklich exklusiv auf der Xbox stattfindet. Den gesamten Microsoft-Katalog bekommen Gamer auch auf dem PC. Welche nennenswerten Titel finden wir also zumindest nicht oder nicht gleichzeitig auf der PS4?
Dazu kommen einige kleinere Titel und eine handvoll Remasters und Re-Releases. Besonders bitter ist dazu der Release der Xbox One X. Beworben als die stärkste Konsole der Welt, waren 2017 auf der E3 alle gespannt, was diese enorme Power denn nun so richtig ausreizen würde. Als Releasetitel erschien Super Lucky’s Tale und die Entäuschung war groß. Bis heute fehlt ein Spiel, das dem “plays best on Xbox”-Slogan wirkliches Gewicht verleiht.
Blicken wir zum Vergleich auf die exklusiven PS4-Releases im selben Zeitraum, wird deutlich, wer derzeit die Nase vorn hat.
Kingdom Hearts HD 2.8 Final Chapter Prologue (Jän. 2017)
Gravitiy Rush 2 (Jän. 2017)
Yakuza 0 (Jän. 2017, bis dahin nur in Japan erhältlich)
Nioh (Feb. 2017, ab Nov. für PC)
Horizon Zero Dawn (Feb. 2017)
NieR Automata (März 2017, später für PC, ab Juni 2018 für Xbox)
Kingdom Hearts HD 1.5 & 2.5 Remix (März 2017)
WipEout Omega Collection (Juni 2017)
Crash Bandicoot N. Sane Trilogy (Juni 2017)
That’s You! (Juli 2017)
Matterfall (Aug. 2017)
Uncharted: The Lost Legacy (Aug. 2017)
Yakuza Kiwami (Aug. 2017)
Knack II (Sep. 2017)
Gran Turismo Sport (Okt. 2017)
Hidden Agenda (Okt. 2017)
Yakuza Kiwami 2 (Dez. 2017)
The Inpatient (Jän. 2018)
Dissidia Final Fantasy NT (Jän. 2018)
Shadow of the Colossus (Feb. 2018)
Moss (Feb. 2018)
Valkyria Chronicles 4 (März 2018, ab September auf allen Plattformen)
Yakuza 6: The Song of Life (April 2018)
God of War (April 2018)
Detroit: Become Human (Mai 2018)
Die Liste inkludiert noch nicht einmal alle Remasters und Remakes wie beispielsweise Final Fantasy XII: The Zodiac Age. Angesichts dieser Dominanz schien es auf der diesjährigen E3 beinahe so, als wäre Sony faul geworden. Mit den vorgestellten Titeln wie The Last of Us Part 2 oder Ghost of Tsushima stehen uns zwar aller Voraussicht nach Top-Spiele ins Haus, doch Sony fehlt ein wenig der Druck, um seinen Katalog etwa auch unterhalb der Triple-AAA-Schiene zu erweitern.
Worauf setzt Microsoft?
Im VR-Sektor ist Sony am Konsolenmarkt mittlerweile konkurrenzlos. Die Xbox One X wird in diese Richtung nicht mehr erweitert, wie Microsoft kürzlich bekannt gab. Stattdessen konzentriert sich der Konzern weiter auf Streaming. Dem Game Pass fehlen zwar auch noch die großen neuen Exklusivtitel, dafür läuft er auf technischer Ebene besser als PlayStation Now, das eine besonders starke Internetleitung erfordert.
Zudem investiert Microsoft in die Zukunft. Seit der E3 wissen wir von fünf neuen Studios, die ab sofort exklusiv für Microsoft produzieren. Darunter sind etwa die Macher des vielgerühmten Hellblade: Senua’s Sacrifice. Für dieses und wohl auch nächstes Jahr ist der Drops aber gelutscht.
Die Zukunft wird nun zweierlei zeigen. Erstens, ob Microsoft mit der nächsten Konsole endlich auch die Titel zur Hardware-Leistung vom Stapel lassen kann. Und zweitens, ob Game-Streaming tatsächlich die Zukunftsperspektive ist, von der aktuell so viele führende Köpfe der Branche schwadronieren.
Wir wünschen uns jedenfalls einen gesunden Konkurrenzkampf zwischen den beiden dominanten Playern. Das kann für uns Gamer unterm Strich nur von Vorteil sein. Bessere Hardware, bessere und mehr Games. Und wenn Nintendos Switch weiterhin so viele Ports spendiert bekommt, bleibt immer eine mehr als unterhaltsame Alternative, wenn es einer von den Großen doch wieder verbockt. Nintendo fühlt sich in seiner Rolle als lachender Dritter bestimmt wohl.
Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!