Die deutschen Open World RPG Spezialisten sind zurück. Piranha Bytes bringt uns mit Elex endlich ein neues Abenteuer. Ein Blick auf ihr bisheriges Erfolgsrezept.
Die älteren Semester assoziieren mit Piranha Bytes unweigerlich die Spieleserie Gothic. Jüngere Fans blieb in erster Linie die Serie Risen im Gedächtnis. Beide Trilogien bieten unverkennbar den Charme der deutschen RPG-Schmiede.
“Aber halt”, werden einige schreien,”was ist mit Gothic 4?” Nichts. Nach Querelen mit Piranha Bytes’ damaligem Publisher JoWood, behielt dieser die Rechte an der Gothic-Marke und beauftragte einen anderen Entwickler mit Teil 4. Sehr zum Missfallen von Fans und Presse. Vom einstigen Flair blieb in diesem Abklatsch nichts übrig.
Der Held spart nicht mit harten Worten.
Stattdessen erschufen die Raubfische eine neue IP: Risen. Aus dem vor allem zu Release fehlerverseuchten Gothic 3 zog man seine Lehren. Das Spielerlebnis kam deutlich kompakter, dafür technisch sauberer und voller Piranha Bytes Charme auf den Markt.
Open World als Basis
Markant für das deutsche Entwicklerteam war immer schon die große offene Spielwelt. In Gothic 2 konnte sich der Spieler bereits mit wenigen Einschränkungen frei bewegen. Der Nachfolger überwältigte dann mit einer schier unüberblickbaren Spielwiese. Kaum den ersten Zahnstocher als Waffe ausgerüstet, war es bereits möglich, Drachen, Trolle und Wüstengetier in allen Ecken der Welt zu jagen.
Freilich gingen diese Kämpfe selten zugunsten des Protagonisten aus. Risen verwendet diesen Umstand als dynamische Levelbarriere. Mit viel Geschick, Ausdauer und ein bisschen Glück kann theoretisch von Anfang an die gesamte Welt erforscht werden. Die Hindernisse wirken dabei stets natürlich, sodass sich der Spieler nie wirklich eingesperrt fühlt.
Per Schiff oder Teleporter hinaus in die große Welt.
Außerdem bekommt der Spieler mit Fortdauer des Spiels Reiseerleichterungen. Fast Travel mittels Runen oder Booten kürzt die zuvor mühsam erschlossenen Wege ab. Sie verbinden die zahlreichen Dauerschauplätze, die uns nach einem ausgedehnten Forschungstrip mit einigen Questreihen in Atem halten.
Questdesign und Fraktionen
Jedes RPG braucht eine Vielzahl von variantenreichen Haupt- und Nebenquests. Auch hier hat Piranha Bytes eine gute Mischung gefunden. Neben dem roten Faden existieren zum einen noch weitere lange Missionsreihen, die uns parallel lange Zeit beschäftigen.
Zum anderen erwarten uns in den vielen Städten, Camps und Siedlungen meist eine Vielzahl von kurzen Aufgaben. Die schwirren aber nicht einfach nur durch die Welt. Ziel ist es, das Vertrauen oder die Gunst einer bestimmten Person oder Fraktion zu erlangen. Zur großen Metastory kommt also je nach Schauplatz ein lokales Unterkapitel hinzu.
In solchen Siedlungen warten tonnenweise Aufgaben.
Sollen wir uns der Inquisition anschließen, um uns zum Magier ausbilden zu lassen? Oder vertrauen wir lieber auf Schwert und Säbel und heuern bei den Piraten und Banditen an? Bis wir die Entscheidung getroffen haben, könnten wir durch die Wildnis streifen und den Einsiedlern und Jägern helfen.
Obendrein kann unser Charakter eine Unmenge an Talenten und Berufen lernen. In der Regel wollen die Ausbilder zuvor aber auch einige Aufgaben erledigt haben. So sammeln wir Pflanzen, bergen vergrabene Schätze oder schleichen uns nachts in schwer bewachte Lagerhäuser. Langweilig wird einem nie.
Eine gesunde Portion Hack’n Slash
Nur als Kräutersammler oder Botenjunge durch die weiten Welten zu spazieren, ist auf die Dauer aber nicht abendfüllend. Zu jedem guten RPG gehört also auch der Kampf um Leben und Tod. Piranha Bytes hat das Kampfsystem in den vergangenen Jahren immer weiter entwickelt. In Gothic 2 und 3 waren die Optionen noch einigermaßen limitiert.
Risen gibt dem Spieler neue taktische Möglichkeiten. Parade, Schild und schnelles Ausweichen wollen ebenso klug eingesetzt werden, wie die unterschiedlichen Schwertstreiche. Wer stur auf die linke Maustaste einhämmert, wird sich vor allem in späteren Kapiteln mehr und mehr im Ladebildschirm aufhalten.
Ob Höllenbrut oder Wildschwein, Kämpfen will in Piranha Bytes Spielen gelernt sein.
Zum Angriffs- und Block-Button kommen ab Risen 2 auch noch sogenannte “Fiese Tricks” hinzu. Das Piratenthema nimmt überhand. So können Gegner etwa in unachtsamen Momenten umgetreten oder mit einer Hand voll Sand geblendet werden. Auch eine Pistole kommt so blitzschnell zum Einsatz.
Die Gegnervielfalt wartet obendrein mit unterschiedlichsten Herausforderungen. Das gewöhnliche Wildleben ist eigentlich nur in Rudeln gefährlich. Die Drachen und Trolle aus Gothic verlangen dem Spieler schon ein wenig mehr Geschick ab. Menschliche Gegner oder auch die Echsenkrieger in Risen müssen erst einmal genau analysiert werden, ehe man den idealen Weg findet, ihren Angriffsmustern auszuweichen.
Bitte mehr davon
Unterm Strich brauchen die RPGs aus dem Hause Piranha Bytes den Vergleich mit Genredauerbrenner Skyrim also keineswegs zu scheuen. Die Basics sind zeitlos und bekommen über die Jahre immer wieder eine kleine Modernisierung. Das Looten kommt ebenfalls nicht zu kurz und graphisch konnten sich die Spiele immer schon sehen lassen.
Lassen wir die technischen Gebrechen einmal außen vor, bekommt man bei den Piranhas immer ein nahezu unvergleichliches Preis-Leistungs-Verhältnis. Viele Stunden klassisches RPG, humorvolle Dialoge und sogar den Bildungsauftrag erfüllen die Games. Schließlich wissen wir nun alle, wie stark uns Äpfel machen.
Das neueste Projekt “ELEX” steht also unter einem guten Stern. Neues Setting, mehr gewohntes Gameplay und eine modernisierte, dynamische Spielwelt. Wir scharren bereits mit den Tasten und können es kaum noch erwarten, uns endlich in ein neues Abenteuer zu stürzen.
Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!