„Die Zwerge“ – Von Papier zu Pixeln

Einmal in das Lieblingsbuch eintauchen. Ein Wunsch, den viele Bücherfreunde hegen. Für Fans von „Die Zwerge“ ging dieser Wunsch in Erfüllung. „KING Art Games“-Gründer Jan Theysen über Kickstarter, qualitativ hochwertige Spielzeit und die Zusammenarbeit mit Markus Heitz.

exFired: Das Unternehmen „KING Art Games“ basiert quasi auf deinem Faible für Adventure-Games. Das hat laut dir mit Spielen wie „Monkey Island“ angefangen. Was ist deine schönste Erinnerung an diese frühe Adventure-Zeit?

Jan Theysen: Tatsächlich waren Spiele wie „Monkey Island 1“, „Monkey Island 2“ oder „Day of the Tentacle“, die ersten Spiele mit denen ich und auch mein Geschäftspartner Marc König uns super viel beschäftigt haben. Da haben wir Tage, Nächte und ganze Wochen drangesessen. Letzten Endes haben wir uns dann gefragt: „Okay, wie haben die das gemacht? Sowas wollen wir auch machen!“ Und dann haben wir uns in der dritten, vierten Klasse das erste Mal an einem Point-and-Click-Adventure versucht. Das war der Anfang von allem. Damals um 1990, als es noch kein Internet gab und sich noch kein Schwein mit Computern auskannte, war das unser Ding. Wir waren quasi in unserer eigenen kleinen Freak-Ecke unterwegs.

Das ging dann sicherlich auch in die Richtung „Es gibt nicht so viel davon. Dann machen wir das eben selbst!“

Ja, obwohl wir nie ein Spiel fertigbekommen haben.

Seit letztem Jahr am Markt: „Die Zwerge“. © THQ Nordic

Seit viereinhalb Monaten ist „Die Zwerge“ auf dem Markt. Steht die Romanvorlage von Markus Heitz auch bei dir im Regal?

„Die Zwerge“ habe ich tatsächlich das erste Mal schon vor sechs, sieben Jahren gelesen. Ich habe damals schon beobachtet, dass die Struktur des Buches sich wunderbar für ein Spiel eignen würde. Hier in der Firma ist alles, was mit Fantasy zu tun hat, hoch im Kurs.

Es war also schon eine Basis da. Du kanntest „Die Zwerge“ und hattest dann auch Bock, das Projekt selbst in die Hand zu nehmen.

Genau. Und mindestens die Hälfte der Firma hatte die Bücher auch schon gelesen und wusste, worum es geht.

Spiele wie „Battle Worlds: Kronos“, „Book of Unwritten Tales 2“ oder jetzt „Die Zwerge“ habt ihr über Kickstarter finanziert. Sind Crowdfunding-Plattformen eine gute Möglichkeit, schon vor Release eines Spiels eine Community aufzubauen?

Jan Theysen. © KING Art

Absolut. Das ist einer der Hauptgründe, warum wir drei Kickstarter gemacht haben und jetzt auch wieder einen machen werden. Es ist eine sehr gute Möglichkeit, frühzeitig eine Community oder sehr engagierte Fans auf das Projekt aufmerksam zu machen und den Kontakt zu etablieren.

Wenn wir ein Spiel entwickeln, entwickeln wir das quasi in ein schwarzes Loch hinein und wissen nicht, ob das gut ankommt. Bei Kickstarter sieht das ganz anders aus. Da können wir unsere Fans fragen „Hey, wir haben da mal was ausprobiert. Was haltet ihr davon? Wie findet ihr das?“ Eine sehr coole Art, Spiele zu entwickeln, wenn die Fans sich schon frühzeitig damit beschäftigen und Feedback geben. Im Endeffekt hilft uns das alles dabei, Spiele zu machen, die näher an dem sind, was die Community will.

Mehrere Millionen verkaufte Exemplare und weltweiter Vertrieb der „Zwerge“-Reihe attestieren eine bereits riesige Fan-Gemeinde. Sowohl Comics als auch ein Brettspiel sind unter diesen erfolgsversprechenden Voraussetzungen erschienen. Warum habt ihr euch jetzt einer bereits so ausgeschöpften Geschichte zugewandt, anstatt etwas Neues zu schaffen?

Zum einen gab es noch kein Computerspiel. Es ist ja auch keine Umsetzung des Brettspiels. Wir haben gesagt, dass wir die bekannte Welt nehmen, die uns sehr gut gefällt und die auch sehr gut als Computerspiel funktioniert, und bauen unser Spiel dann darauf auf. Die Geschichte des Buches lässt sich auch nicht eins zu eins umsetzen.

Wenn jemand fragt „Wollt ihr ein Spiel zu Herr der Ringe machen? Oder zu Star Wars?“, sagt man auch nicht nein. In einer Welt, die man selbst super findet, etwas Neues schaffen zu dürfen, ist für uns nicht weniger spannend, als etwas komplett Eigenes zu entwickeln. Man hat zwar schon eine gewisse Basis, an der man sich orientieren kann und das macht die Entwicklung natürlich einfacher. Dennoch gibt es auch Herausforderungen, weil es viele Leute gibt, die die Welt und die Charaktere lieben. Mit denen kann man nicht einfach Unfug treiben.

Wie in den Büchern brauchen Zwerge Lagerfeuer. © THQ Nordic

In einem Interview sagtest du einmal, dass sowohl Markus Heitz als auch die Leute von KING Art der Meinung sind, dass das Buch das Buch bleiben muss und das Spiel das Spiel ist. Viele Fans wollen das Buch nun aber Seite für Seite detailgetreu auf den Bildschirm übertragen sehen. Wie geht man mit solchen Erwartungen und Forderungen um?

Ich muss sagen, dass so etwas tatsächlich kaum vorkam. Wir hatten von Anfang an klargestellt, dass wir nicht eins zu eins das Buch nacherzählen wollen und gleichzeitig wollen wir nichts ändern, nur um es zu ändern. Ohne Grund Charaktere umzubenennen oder eine Handlung zu ändern, kam nicht in die Tüte. Ich glaube, dass die allermeisten „Zwerge“-Fans zufrieden damit sind, wie wir mit der Geschichte umgegangen sind.

Die Umsetzung von Buch zu Spiel wurde auch in den Steam-Rezensionen bemängelt. Ich zitiere: „So einen haufen Dreck habe ich lange nicht mehr gesehen. Wie sehr habe ich mich auf dieses Spiel gefreut, allerdings ist es wirklich eine absolute Enttäuschung. Es gibt so eine tolle Buchvorlage, aber meine Meinung nach muss man diese auch kennen um hier nur halbwegs den Sinn des ganzen und die Dramatik nachvollziehen zu können. [sic!]“ Hier wird also vorgeworfen, man setze zu viel Vorkenntnis voraus und bringe die Essenz der Story nicht richtig rüber.

Es war schon der Plan, Leute für das Spiel zu gewinnen, die die Bücher nicht gelesen haben. Nichtsdestotrotz sind unsere Hauptzielgruppe schon die „Zwerge“-Fans, die die Geschichte auch gerne in einer Spielwelt erleben wollen. Man kann sowieso nie 100 Prozent zufriedenstellen. Jeder hat seine eigene Meinung.

Ein paar Sachen haben wir geändert, weil sie für das Spiel nicht funktioniert haben. Das sind dann auch meistens Sachen, die wir recht früh mit Markus [Heitz] besprochen haben. Für ihn war das auch gar kein Problem.

Die Zusammenarbeit mit Markus Heitz funktionierte also insofern gut, als dass er bereit war, die Geschichte so abzuändern, wie sie eurer Meinung nach mehr Sinn für das Spiel machte?

Genau. Die Zusammenarbeit lief super, weil Markus ganz zu Anfang schon gesagt hat, er uns nicht rein. Er war selbst der Meinung, wenn es für das Spiel Sinn macht, macht es Sinn. Im Buch wird die Geschichte zum Beispiel aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Da gibt es neben dem Hauptcharakter Tungdil auch Abschnitte, die aus Perspektiven anderer Charaktere erzählt werden. Das wollten wir im Spiel so nicht machen. Man sollte die ganze Zeit bei seinem Charakter bleiben.

Ein Buch ist ziemlich straight forward. Der Leser hat nicht die Möglichkeit einzugreifen. Wie schwierig ist es, gleichzeitig die Story aus dem Buch zu erzählen, aber dennoch dem Spieler das Gefühl von Entscheidungsfreiheit zu vermitteln?

Wir haben das bei „Die Zwerge“ so gelöst, dass die Story des Buches die Hauptquest des Spiels ist. Wer nur die Hauptquest verfolgt, würde sich mehr oder weniger an den Ablauf der Buchvorlage halten. Wir haben aber eben alle möglichen Nebenquests und Optionales eingebaut, bei dem der Spieler sagen kann: „Okay, mein Job ist es eigentlich nach Grünwald zu gehen, aber ich erledige hier erst noch andere Sachen“. Du kannst also optionale Abenteuer erleben, die teilweise aus dem Buch sind und teilweise nicht.

Wobei wir auch von Anfang an nicht wie bei anderen Rollenspielen darauf setzen, dass man möglichst viel Entscheidungsfreiheiten hat, weil wir da durch die Buchvorlage schon ein bisschen eingeschränkt sind. Man kann zum Beispiel nicht einfach jemanden bei einer Nebenquest sterben lassen, weil man die versemmelt hat und dann geht es trotzdem weiter. Die Hauptstory ergibt dann keinen Sinn mehr. Auch für einen möglichen zweiten Teil wäre es ungünstig, wenn die Hälfte der Charaktere tot ist.

Und epische Schlachten können auch nicht fehlen. © THQ Nordic

Auf Steam wird auch der Preis in Relation zur Spielzeit bemängelt. Eine dieser Bewertungen sieht wie folgt aus: „Eine bodenlose Frechheit! Nach rund 5 Stunden auf der Schwierigkeitsstufe normal, hab ich das Spiel durch…. Wiederspielwert ist nicht vorhanden. Das Ende ist abgehackt und wirkt nicht ausgereift. Ich kann vom Kauf leider nur abraten.“ Wie rechtfertigst du die 40€, wenn ein Spieler am Ende tatsächlich nur fünf Stunden im Spiel verbringt?

Solche Sachen sind immer ein bisschen blöd für uns, weil man relativ wenig dagegen tun kann. De facto kann man es nicht in fünf Stunden durchspielen. Das können wir relativ gut einschätzen, weil wir Tester haben, die spielen, um Bugs zu finden. Die meisten Leute brauchen zwölf bis 15 Stunden.

Klar ist das für ein Rollenspiel nicht superlang. Aber wir wollten keine „Bring mir zehn Wolfspelze und jetzt bring mir noch zehn Schafsohren“-Quests einbauen, nur damit die Spielzeit ein bisschen aufgeblasen wird. Was häufig auffällt, ist, dass die Leute, die wenig Zeit brauchen, um das Spiel durchzuspielen, auch einfach diese optionalen Sachen nicht gemacht haben.

Und wie kommt es dann trotz der geringen Spieldauer zu einem relativ teuren Preis von 40€, wenn man andere Rollenspiele, in die man locker 300 bis 400 Stunden investieren kann, zum selben Preis bekommt?

Klar gibt es Spiele, bei denen man mehr Spielzeit für sein Geld rauskriegt. Genauso gibt es aber auch Spiele, die tatsächlich nur fünf Stunden Story haben und wo man trotzdem 40€ reinstecken muss. Grundsätzlich ist Spieleentwicklung relativ teuer. Dementsprechend geht es auch nicht immer um die Länge der Spielzeit, sondern darum, dem Spieler qualitativ hochwertige Spielzeit zu bieten.

Nachdem der Release von „Die Zwerge“ nun schon einige Zeit in der Vergangenheit liegt, habt ihr euch sicherlich neuen Projekten zugewandt. Worauf können sich eure Fans in Zukunft freuen und was wäre dein absolutes Wunschprojekt?

Wir arbeiten momentan an zwei Projekten, die noch nicht announced sind. Dazu kommt ein Echtzeit-Strategiespiel namens „Iron Harvest“, das wir vor ein paar Monaten angekündigt haben und wofür wir im Laufe des Jahres noch einen Kickstarter machen wollen. Das Ganze ist dann so nach Tradition von „Company of Heroes“ oder „Dawn of War“, also Echtzeit-Strategiespiele, die sich mehr auf den Kampf fokussieren als auf die Wirtschaft.

Es spielt in einer alternativen Realität der 1920er, die sich der polnische Concept Artist Jakub Rozalski ausgedacht hat. Quasi eine Mischung aus den realen 1920er-Jahren mit einem gewissen Steampunk-/Dieselpunk-Einfluss, mit Mechs und abgefahrenen Geräten, die im Ersten Weltkrieg erfunden wurden. So wird dann die Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg neu erzählt. Das ist schon eines dieser Traumprojekte, weil wir Echtzeit-Strategiespiele selbst gerne gespielt haben und wo es aktuell nicht so wahnsinnig viele gute Games gibt.

Ansonsten steht auf unserer Liste als Traumprojekt tatsächlich ein großes Rollenspiel, wie eben Skyrim oder The Witcher. Mit entsprechend epischer Story und coolen Kämpfen – eine große Hausnummer.


Titelbild: © THQ Nordic

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Autor/Autorin

Louis Oelmann

Wenn es irgendwo etwas zu looten gibt, kann Louis nicht weit sein. Dementsprechend verbringt er auch viel Zeit in Spielen wie Borderlands oder Skyrim. Wenn Skags und Drachen ausgerottet sind, schreibt er Artikel und steht auch immer wieder gerne vor und hinter der Kamera.