Drei Fragen aus der Diskussion Gaming Girls in Wien

Frauen, die Spielkultur, Vorbilder und der Mangel an eSportlerinnen ausdiskutiert. Von Florian Born

Am Mittwochabend lud der Verein HeForShe Vienna ins VR-Café Vrei in Wien. Der Anlass war eine Podiumsdiskussion rund um die Frage des Sexismus in der Gaming-Szene. Die Gäste kamen aus Entwicklerstudios, aus der Wissenschaft, dem Event-Bereich, eSports und aus dem Internet.

Diese volle Runde sprach unter anderem darüber, wie sich denn eine teils toxische Spielkultur auf Frauen in Games auswirkt. Und auch darüber, dass nicht nur sie davon betroffen sind, da ja eigentlich eh alle in Games beleidigt werden. Der Unterschied? Bei Männern sind die Beleidigungen im Voice Chat kein sexistischer Sprechdurchfall.

Viel spannender noch als dieses Pferd, das zuletzt aus akuten Gründen in den Medien ja relativ totgeritten wurde, waren aber drei andere Fragen.

Die ExpertInnen und Experten im Keller des Vrei © Dave Habermann

Der Sexismus in der Gaming-Szene lässt sich laut den Diskutantinnen und Diskutanten mitunter damit erklären, dass im professionellen und kompetitiven Bereich einfach weniger Frauen an den Gamepads sitzen. Für einige männliche Spieler könnten sie also – womöglich – als Eindringlinge in ihren ganz privaten Bereich angesehen werden.

Das wirft aber eine andere Frage auf:

1.Warum spielen Frauen weniger als Männer?

Natalie Denk, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Donau-Uni Krems im Zentrum für angewandte Spieleforschung, hat dazu eine einfache Antwort: Es liegt an der Erziehung.

Frauen werden – zumindest gilt das noch sehr stark für die Generation der Millennials – wesentlich weniger stark in eine technische Richtung getrieben. Auch die Affinität zu Konsolen- und Computerspielen muss darunter leiden. Das ist eben “was für Jungs”.

Die Geschichten des restlichen Podiums entsprechen dieser Erklärung. Entweder wurde man vom Vater zu Videospielen gebracht oder die Freundinnen in der Jugend interessierten sich nicht für Games. Videospiele waren in jeder erlebten Umwelt ein männlicher Bereich.

Als Frau braucht man, wenn man mitspielen will, eine dicke Haut. So eine musste sich eSportlerin Yvonne Scheer zulegen. Oder man entwickelt sowieso kein Interesse dafür, weil man von allen Seiten hört, das wäre sowieso nichts für Mädchen?

Um dem entgegenzuwirken, bräuchte es entweder mehr Frauen im spielenden Volk – auch wenn die meisten Studien sowieso von zumindest 55:45-Aufteilung sprechen – oder diese Frauen müssen sichtbarer werden.

Beinahe 50:50 ist das hier eigentlich schon… © Statista

Was gleich die zweite Frage ins Zentrum rückt:

2. Haben weibliche Devs und Spielerinnen mehr Verantwortung und Vorbildwirkung?

Generell hält das Podium fest, dass eSportler und Streamerinnen beider Geschlechter eine gewisse Vorbildwirkung haben. Leute schauen ihnen beim Spielen zu, wollen ihre Skills nachahmen und beschäftigen sich stark mit ihren Aussagen und Meinungen. Vor allem bei leicht zu beeinflussenden Jugendlichen ist das zu beobachten. Schließlich werden wir in unseren jungen Jahren am stärksten geprägt.

Mehr weibliche Vorbilder, die interessierte zukünftige Spielerinnen in die Szene holen können, wären da ein guter Schritt. Es ging am Mittwoch aber nicht nur um die Vorbildwirkung und Verantwortung von Spielerinnen, sondern auch um jene der Devs:

Daniela Etzinger von Purple Lamp Studios will diese Verantwortung aber nicht alleine tragen. Sie kann es auch nicht. Sie ist der Meinung, dass das Thema Inklusion und die Gestaltung von Spielen, die beide Geschlechter interessieren, genauso in der Verantwortung der Männer liegt und liegen muss.

Felix Bohatsch – CEO von Broken Rules – stimmt ihr dabei zu. Er meint weiter, dass ein diverses Team in Sachen Gender – und auch in allen anderen Punkten – einem Spiel immer nur guttun kann. Schlicht und einfach, da andere Augen auch andere Aspekte wahrnehmen. In Zukunft will er deshalb auch mehr Frauen in sein stark männlich dominiertes Team holen.

Aber zurück zum Spielen. Wie bekommt man mehr Frauen an Controller und Maus? Vor allem im kompetitiven Bereich? Ein Vorschlag hat hierzu die Runde gemacht:

3. Wären Female-Only-Turniere eine Lösung, um mehr Frauen in den eSports zu bekommen?

Die Meinung im Podium zu diesem Thema war sehr kritisch. Manche haben die Angst geäußert, dass Frauen damit auf lange Sicht nur abgesondert werden. Auch ist aufgekommen, dass die körperlichen Unterschiede zwischen Frauen und Männern hier irrelevant sind und beide deshalb – per se – gleich gut oder schlecht spielen können.

Andererseits – und das ist wesentlich relevanter – kommen Female-Only-Turniere ja auch nicht im großkalibrigen eSport auf. Bei den hoch dotierten Spielen gibt es weiterhin keine Geschlechtertrennung. Es gehe bei dem Thema eher um Einsteigerinnen, die zwar gut spielen, im Wettbewerbs-Rahmen aber eine Scheu entwickeln, sich ins Geschehen zu stürzen.

Bei kleinen Turniere für Semi-Pro-Spielerinnen könnte so das Interesse für eSports in der Spielerinnenschaft geweckt werden. Der Vorteil: Sie können in einem geschützten Rahmen interagieren, in dem die Angst vor Zurückweisung vielleicht geringer ist.

Dass Frauen überhaupt kein Interesse an eSports haben können, wird dabei gleich vom Tisch gefegt. Männer sind schließlich nicht aufgrund biologischer Umstände kompetitiver als Frauen, sondern weil das über Generationen in der Erziehung verankert war: Männer sollen sich messen. Frauen sollen sich im Hintergrund halten.

Ein klares Fazit lässt sich am Ende nicht ziehen. Zu viele Punkte sind noch unklar. Einzig klare Sache: Es ist noch viel zu tun, bis im Gaming-Bereich, der ja eigentlich alle einbeziehen könnte, wirkliche Gleichstellung herrscht. Die Verantwortung lässt sich dabei nicht auf eine Gruppe abwälzen. Sie liegt bei allen.

Für alle, die sich noch weiter mit den Meinungen und Aussagen bei der Veranstaltung beschäftigen wollen, gibt es hier noch die komplette Diskussion zu Nachsicht:


Titelbild © Dave Habermann

[amazon_link asins=’B071P3RVD5,B0742GRT88,B078KD5KBZ‘ template=’ProductGrid‘ store=’screamingpixe-21′ marketplace=’DE‘ link_id=’183a968e-70be-11e8-8072-d71ac5248dba‘]

Autor/Autorin

Clemens Istel

Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!

Deine Mail-Adresse wird nicht gepostet. Die benötigten Felder sind markiert*