Hype so weit das Auge reicht. Große Titel und jede Menge Erwartungen. Electronic Arts‘ Eröffnungskonferenz zum diesjährigen E3-Rummel war dann aber doch nur viel Lärm um wenig. Mit einem Lichtblick!
Alles wartet gespannt auf Neuigkeiten zu Star Wars Battlefront 2. Schnell wird klar, dass sich Electronic Arts diesen Leckerbissen bis zum Ende der Pressekonferenz aufhebt. Der Hypetrain startet in EA-Sportsville. Madden bekommt einen Storymode. Andrew Wilson, CEO von Electronic Arts, spricht auf der Bühne von „massive innovation.“ Doch FIFA fährt diese Schiene bereits. Scheinbar hat Electronic Arts einfach nur den Spruch: „Der Sport schreibt die schönsten Geschichten“, uminterpretiert.
„Wir schreiben Geschichten im Sport“, heißt wohl das neue Mantra. Auch die neue NBA-Auskoppelung bekommt ein bisschen Storytelling eingeimpft. Alle guten Dinge sind in diesem Fall aber weder drei, noch macht das diese minimale Nicht-Innovation „massive“. Sorry, EA Games, aber eure Sportspiele werden auch weiterhin bei jedem Ausverkauf als letzte im Regal stehenbleiben. Was hat EA zwischen seinen jährlichen, aufpolierten Kaderupdates auf der Konferenz noch gezeigt?
NEXT!
Der Hype war erst einmal schaumgebremst. Zeit für ein großes Zugpferd der Electronic Arts Pressekonferenz wieder Leben einzuhauchen. Auftritt: Battlefield 1. Der Development Director von DICE, Andrew Gulotta, meldet sich aus der „Creator Cave“. Intermission: Vorschlag zum Unwort des Jahres 2017 #1.
Was folgt, sind kurze Videostatements von absolut unbeeinflussten, objektiven (NICHT!) Youtubern, die Battlefield 1 lobpreisen. Das ganze wirkt so offensichtlich inszeniert, besser könnte es keine Parodie nachstellen. Die Maps in Nachtszenerie sehen cool aus. Ob es das neue AddOn „In the Name of the Tsar“ damit den Spielspaß tatsächlich erhöht, darf bezweifelt werden. Szenen aus dem Spiel zeigen im Laufe der Präsentation, dass es zu deutlich mehr Nahkampf kommt. Dem Schlachtgetümmel gehen hier buchstäblich die Lichter aus.
Storymode everywhere
Die folgenden Worte klingen vielleicht ein wenig kontrovers, wenn sie aus unserer Feder kommen. Aber um Himmels willen, nicht jedes Spiel braucht einen Storymodus in bombastischem Ausmaß. Need for Speed Payback fügt sich aber nahtlos in Electronic Arts‘ neues Mantra ein. Zugegeben, die Erwartungen für diesen Titel waren nicht besonders hoch. EA hat die Serie bereits vor Jahren an die Wand gefahren (see what I did there?). Szenerie und Auto sehen gewohnt fantastisch aus. Selbst mit dem Schadensmodell könnte man gut leben.
Der Haken liegt im Missionsdesign. Eine große, offene Welt zum Erforschen wird nur in einem Nebensatz angedeutet. Die Mission selbst läuft linear. Verfolge den LKW auf diesem Highway und klaue das Auto aus dem LKW. Nach jedem Zwischenziel, wie dem Erreichen des Ausgangspunktes oder dem Einholen des LKW, folgt eine Cutscene. Kurzweilige Racingaction, wobei „kurz“ dank der übertriebenen Portionierung wörtlich zu nehmen ist.
Die versprochen fordernde KI in Form von Verfolgern und Leibgarde des Trucks bleibt auf den ersten Blick lästig. Immer wieder drängen die SUVs den Spieler ab. Entledigen kann sich der Spieler seiner aufgezwungenen Entourage durch Zurückdrängeln. Dabei wirkt es so, als hätten die Verfolgerautos Hitpoints. Hat man genug gedrängelt, reicht ein leichter Schupser von der Seite und der feindliche SUV überschlägt sich dramatisch. Außerdem rechnet die KI nicht mit plötzlichem Rubberbanding. In einer Szene blickt der Spieler zurück auf einen längst überholten Feind. Dieser bekommt einen unerwarteten Geschwindigkeitsbonus und brettert darauf direkt in Autos und die Leitplanke.
Nach diesem verhältnismäßig langen Abschnitt, erreicht der Spieler schließlich die rettende Cutscene am verfolgten LKW. Wieviel hier wohl bezahlt wurde, um die Szenen aus The Fast and the Furious immitieren zu dürfen? Der Coup gelingt und wir schlüpfen in die Rolle unserer Beifahrerin, die mit dem erbeuteten Auto davonbraust – etwa 300 Meter bis zur nächsten Cutscene.
A Way Out – Das einzige echte Highlight
Die Macher von Brothers: A Tale of Two Sons basteln mit Hazelight an einem wirklich vielversprechenden Coop-Titel. Coop, und nur Coop! Ein mutiger Schritt, der in dieser Präsentation aber bereits einen sehr guten Eindruck macht. Die Handlung spielt in einem Gefängnis. Ganz im Stile von Prison Break gilt es aus diesem auszubrechen. Dem Spieler bleibt die Wahl, wie er verschiedene Probleme löst. So befindet sich Spieler 1 gerade in einer Cutscene, während Spieler 2 sich frei bewegen und beispielsweise einen Streit provozieren kann. Dadurch wird eine störende Wache von ihrem Posten weglockt und der Weg für den Protagonisten ist frei.
Optik und Gameplay machen jetzt schon Lust auf mehr. Das könnte der Auftakt für ein neues Gamingjuwel gewesen sein. Wir behalten A Way Out auf jeden Fall im Auge.
Was folgt ist, ist ein Miniausblick auf Biowares neue IP Anthem. Der nichtssagende Trailer lässt nur das Setting vermuten. EA teasert am Ende sinngemäß: Kommt zur XBOX-Konferenz für mehr Infos. Anschließend quälen wir uns durch einen weiteren Titel von EA Sports, bevor es schließlich zum langersehnten Höhepunkt der Konferenz kommt.
Endlich, endlich … nichts Neues
Der Moment auf den wir alle gewartet haben. Imperiale Marschmusik ertönt. Sturmtruppen marschieren über die Bühne. „We adressed all of the feedback“, hat Andrew Wilson zuvor versprochen. Wir erinnern uns: Der Singleplayer-Modus war allerorts die wichtigste Agenda für Star Wars Battlefront 2. Was macht also Electronic Arts? Wir bekommen Janina Gavankar, Schauspielerin der Protagonistin, live auf der Bühne – um dann rund 30 Minuten ausschließlich Multiplayergameplay zu präsentieren. Are you f*ing kidding us, EA?
Obwohl Janina Gavankar von einer „first season of free content“ und einigen weiteren Gratiszugängen für Electronic Arts Spiele spricht, ist der Applaus verhalten. Das Gespenst der Mikrotransaktionen und DLC-Kultur schwebt spürbar im Studio. All der gratis Content solle jedenfalls dafür sorgen, dass die Spielergemeinschaft über Jahre zusammenhält.
Nun sind wir bei Screaming Pixel nicht unbedingt auf Multiplayer spezialisiert, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es für das gegnerische Team wenig Spaß macht, wenn sich ein übermächtiger Darth Maul unbeeindruckt durch sämtliche Gegner säbelt. Deutlich sichtbare Drawdistance-Problemen während der Dogfights stoßen nach derart langer Entwicklungszeit ebenfalls sauer auf. Da würde uns die ehrliche Meinung der Gamechanger (Vorschlag zwei zum Unwort des Jahres), wie Electronic Arts seine Testspieler nennt, interessieren.
Zusammenfassend bleibt viel Ernüchterung. Die großen Innovationen bleiben aus. EA Sports versucht verzweifelt weiterhin Kaderupdates mit uninspirierten Features zu rechtfertigen. Need for Speed will und will nicht so recht zurück zu altem Glanz finden. Battlefront 2 hat nach wie vor viel Potential. Jedoch weigert sich Electronic Arts hartnäckig uns die Neuerungen zu präsentieren. Wir bleiben noch optimistisch.
Das wahre Highlight stellt an diesem ersten Tag der E3 eindeutig A Way Out dar. Nicht nur, weil wir Prison Break mochten, sondern auch aufgrund seiner bereits ausgereiften Technik und Spielmechanik. Wir wollen mehr über die Charaktere und ihre Geschichte erfahren. Mit einem Auge bleiben wir bei Hazelights neuer Indiehoffnung, mit dem anderen blicken wir auf die heutige Microsoft-Pressekonferenz.
Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!