Goliath VR: “Was ist, wenn ich MICH spiele?”

Wolfgang Tschauko, der Entwickler von Goliath VR, im Gespräch über sein Projekt, die Möglichkeiten von Virtual Reality und die Beziehung zum eigenen Körper.

[Anm.: Da bereits 2016 ein Spiel unter dem Namen Goliath erschienen ist und sich den Namen schützen ließ, heißt Goliath VR seit dem 18. Juli 2018 offiziell VR Giants.]

Goliath VR verbindet Virtual Reality mit klassischem Gaming und zwingt zwei Spieler dabei zu Kooperation und Kommunikation. Der Titel von Entwickler Wolfgang Tschauko hat schon auf dem Button Festival in Graz und auf dem Reversed Indie Festival in Wien in Preise abräumen können. Einen Release-Termin gibt es aber noch nicht, aber ihr könnt den Titel im September auf der Play Austria in Wien anspielen. Im Interview stand uns Wolfang Tschauko Rede und Antwort zur Zukunft des Spiels und von VR:

Screaming Pixel: Die Verbindung zwischen VR und klassischem On-Screen-Gaming, die Goliath VR nutzt, ist recht neu. Wie bist du auf die Idee dafür gekommen?

Wolfgang Tschauko: Die Idee war von Anfang an ein Multiplayer-Spiel. Der eigentliche Screen wird vom VR-Spieler ja nicht gebraucht, weil der seine eigene Brille auf hat. Somit bleibt er übrig.

Das scheint auch ein Trend zu sein. Beim letzten Festival, auf dem ich ausgestellt habe – dem Reversed Indie Festival –, waren drei von vier VR-Projekten solche, bei denen es Außenspieler und Innenspieler gibt.

Warum sind das bei dir ausgerechnet ein Riese und ein normaler Mensch?

Das ganze Projekt ist im Rahmen meiner Masterarbeit entstanden. Darin ging es um Körperpräsenz in virtueller Realität. Im Rahmen meiner Recherche hab ich mir einige frühere Kinect-Spiele angeschaut – den Sensor verwende ich auch für die Körper-Erfassung – und bin draufgekommen, dass der echte Körper des Menschen in den meisten Fällen durch ein Skelett mit Collidern ersetzt wird. Es wird also nicht mehr der ganze Körper detailgetreu verwendet, sondern nur seine Bewegung übernommen. Die individuelle Form des Spielers geht verloren.

Mein Experiment war herauszufinden, wie man dem Körper in seiner Einzigartigkeit Bedeutung geben kann und wie sich das in VR anwenden lässt. Da ist dann die Überlegung entstanden, dass man diese Körperform wirklich so nimmt, wie sie ist und das nicht durch einen Avatar ersetzt, der dem eigenen Körper nicht mehr ähnlich sieht. Damit das wirklich Sinn macht, braucht das eine gewisse Dimension. Sonst ist es fast egal, ob die Ähnlichkeit des Körpers bestehen bleibt. So kam es zu diesem großen Dimensionsunterschied zwischen David und Goliath.

Der Größenunterschied ist doch recht offensichtlich.

Und warum der kooperative Zugang? Man hätte den Riesen ja auch gegen den Menschen kämpfen lassen können.

Das hatte zum einen technische Gründe.Zum anderen ist es auch so, dass ich es viel lustiger finde, gerade weil sie so unterschiedlich zu spielen sind. Ich glaub auch, weil ich ein friedlicher Mensch bin und ich es schön finde, wenn man da zusammenarbeiten muss. Wenn ich den Leuten zuschaue, merke ich auch, wie es auch zu einem Kommunikationsspiel geworden ist. Leute kommen auf mich zu und meinen, sie würden das gerne im Teambuildingbereich sehen.

Siehst du Möglichkeiten im Bereich Teambuilding, Coaching etc?

Ja. Absolut. Das Spiel hätte in dem Bereich sehr viele Möglichkeiten. Vor allem jetzt, wo noch sehr wenige Leute eine VR-Brille haben und sonst gar nicht dazu kämen, die Technologie auszuprobieren.

Auf dem Button Festival 2017 hast du nur ein Level präsentiert. Arbeitest du schon an anderen Stages, die man als David und Goliath gemeinsam durchstehen muss?

Es gibt so etwas wie eine Backstory, die ich aber nur in wenigen Sätzen für meine Master-Arbeit formuliert habe. An der wird noch gearbeitet. Deswegen verrate ich jetzt nicht zu viel. Die Idee ist, dass es verschiedene Giganten inverschiedenen Element-Levels geben soll. Konkret wird daran aber noch nicht gearbeitet. Da müssen vorher noch ein paar Entscheidungen getroffen werden, wie es mit dem Projekt weitergeht.

Wie geht es mit dem Projekt weiter?

Das ist jetzt die gute Frage. (lacht) Momentan ist die Frage der Finanzierung ein Thema. Davon hängt eigentlich alles ab. Dann wird man sehen, wie viel Zeit und Ressourcen man hat, das Projekt weiterzuentwickeln. Auf jeden Fall ist aber geplant, das Projekt auf eines der aktuelle VR-Systeme zu bringen.

Obwohl schon verflucht spaßig, hatte das Spiel am Button noch ein paar Macken. Wer Goliath spielte, sah vor allem seinen eigenen Rücken (Anm.: bei der aktuellsten Version ist das schon verbessert). Oder ist diese Out-of-Body-Erfahrung gewollt gewesen?

Hier geht es um diese Bedeutung des eigenen Körpers im Verhältnis zum kleinen Avatar. Bei meiner Arbeit ging es um die Frage: Was ist, wenn ich mich spiele bzw. eine Figur, die so ist wie ich? Damit das zum Tragen kommt, muss man entsprechend viel von sich selbst sehen. Der andere Aspekt liegt in dem kooperativen Element. Im echten Leben spüre ich, wenn jemand meinen Rücken hochklettert. In der VR hab ich das nicht. Deshalb die Überlegung, in die Third-Person-Sicht zu wechseln, um es zumindest sehen zu können.

Ein schöner Rücken, kann entzücken.

Generell: Was sind die größten Hürden bei der Entwicklung gewesen?

Die Frage der Performance. Das Ziel der Arbeit war möglichst hohe Körperähnlichkeit. Da der Körper bei jeder Bilderneuerung mit Blöcken zusammengesetzt wird, war es gar nicht so einfach, dass alles flüssig läuft. Daran hab ich mir ziemlich die Zähne ausgebissen.

Glaubst du, VR wird das klassische Gaming mit Bildschirm auf Dauer verdrängen?

Nein. VR ist eine andere Experience und das muss man auch mögen. So wie das 3D-Fernsehen das normale nicht verdrängt hat. Das ist wirklich eine andere Intensität und die Zeit, die man in VR verbringen kann, ist begrenzt. Für mich zumindest.

Gibt es ein Genre, das VR noch nicht bedient, obwohl es dafür perfekt geeignet wäre?

Ich bin sehr gespannt auf die ersten Strategie-Spiele in VR. Ich hab da auch schon was gesehen von den Machern von Age of Empires. (Anm: Das Spiel heißt Brass Tactics und soll im Herbst 2017 erscheinen). Ich würd auch ein Mittelalter-Schwertkampfspiel toll finden. Wenn man da ein vernünftiges Feedback über den Controller bekommen könnte, das wäre der Hammer.


Bebilderung © Wolfgang Tschauko

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Autor/Autorin

Clemens Istel

Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!