Ist die “Rape-Taverne” in WoW ein Problem?

In World of Warcraft gibt es eine Taverne, in der Sex und Vergewaltigungen imitiert werden. Motherboard hat das kritisch betrachtet. Aber ist das überhaupt einen Artikel wert?

Vor kurzem habe ich einen Artikel in VICE Motherboard gelesen, in dem der Autor von der Taverne Goldhain in World of Warcraft berichtet. Er beschreibt sie als die “Rape-Taverne” von WoW und kritisiert sowohl die Spieler als auch Activision Blizzard stark.

Nach diesem Artikel habe ich mir eine Weile die Frage gestellt, ob das überhaupt ein Thema ist. Muss man darüber nachdenken? Ist es doch nur heiße Luft? Aber lasst mich zuerst mal ausholen und euch eine Zusammenfassung davon geben:

Über die Rape-Taverne

Die Rape-Taverne ist in Goldhain auf den Rollenspielservern von WoW. Ursprünglich keine besondere Taverne, hat sie sich schnell in einen Ort entwickelt, der dem erotischen Austausch zwischen den Usern gewidmet war. Später wurde sie zum Treffpunkt für Spieler, die dort ihre Vergewaltigungsfantasien ausleben können.

Das klingt ein wenig übertrieben und ist natürlich nicht in allen Fällen zutreffend. Meist geht es einfach nur pornös her. Alle stehen in Unterwäsche herum, imitieren mit Kampfanimationen Sex und Zauberer schießen weiße Schneezauber durch die Gegen. Über Geschmack lässt sich zwar streiten, aber das ist alles noch nicht so wild.

Nicht nur Magie. Auch Sexyness kann die Elfe.

Wirklich fragwürdig wird die Sache erst, wenn ein Spieler oder eine Spielerin – meist letzteres – Goldhain verlässt. Dann heftet sich nämlich eine Horde von Spielern an die Fersen des meist weiblichen Charakters und imitiert eine Gruppen-Vergewaltigung. Die Aufforderung, das zu unterlassen, wird dabei geflissentlich ignoriert. Macht ja auch irgendwie den Reiz aus.

Kotz.

Blizzard hält sich aus dieser Sache übrigens weitgehend raus. User werden zwar geflaggt, gebannt wird aber keiner. Die schlimmsten Übeltäter sind in der Regel nach ein paar Tagen wieder in Goldhain anzutreffen.

Ist es jetzt wirklich ein Problem?

So weit, so gut. Ich habe eben eine Weile überlegt. Stellt es ein Problem dar? Ist das Thema überhaupt wichtig? Oder ist das Tamtam von Motherboard übertrieben? Rollen wir das Thema also nochmal in Ruhe auf:

Was genau passiert in Goldhain? User belästigen andere Spielerinnen und Spieler verbal oder durch ihre Aktionen als Spielfiguren sexuell. Ob es schlimm ist oder nicht, soll jetzt noch nicht Thema sein. Aber auf die Belästigung sollte man sich einigen können.

Was könnte das Problem dabei sein? Die Opfer dieser Belästigung könnten tatsächlich psychische Schocks erleiden und selbst im besten Fall ist ganz sicher ihr Spaß am Spiel vermiest.

Aber halt! Psychische Schocks aufgrund einer imitierten Vergewaltigung in einem Online-Spiel? Geht das nicht ein bisschen zu weit? Die “Opfer” könnten sich ruhig ein bisschen zusammenreißen. Ist doch alles halb so wild!

Hier liegt der Hund begraben

Das ist leicht oder? So zu argumentieren. Einfach zu sagen: “Das ist doch alles halb so wild”, und die Sache hat sich. Logisch. Funktioniert ja auch super. Sowohl online wie offline. Und man kann sich ganz einfach aus der Schuld nehmen. Wo kein Verbrechen, da keine Schuld, oder so.

Die Sache hat aber einen Haken: Warum soll bitte der Täter entscheiden dürfen, wann er eine Grenze überschritten hat? Betrachten wir das mal in einer anderen Situation: Jemand schlägt dir ins Gesicht. Du sagst “Au”. Er sagt, das darf dir nicht wehtun und du kannst dir anhören, warum du denn nicht einfach ausgewichen bist. Ihr hört, wie bescheuert das in dieser Situation klingt, oder?

Rüstung ab und nach Goldhain?

Und warum sollte es bei sexueller Belästigung anders sein? Warum kann nicht einfach das Opfer sagen, dass es verletzt wurde? Warum müssen Täter und Leute, die nichts damit zu tun haben, dem Opfer sagen, dass es sich nicht verletzt fühlen darf?

Oder noch schlimmer: Warum muss man ihnen sagen, wie sie sich zu verhalten haben, damit ihnen das nicht passiert? Warum können die Täter nicht einfach den ganzen Scheiß lassen?

Ich weiß, welches Argument hier kommt: “Bald kann man ja gar nichts mehr sagen oder tun! Schon wenn ich wem in die Augen schau, ist es sexuelle Belästigung.” Aber darum geht es nicht. Sowohl online wie offline geht es um Folgendes:

Die goldene Regel

Warum muss man so einen Scheiß machen, immer weitergehen und jemandem offensichtlich auf die Füße treten? Warum kann man nicht überlegen, wie sich jemand fühlen könnte, wenn man das tut? Warum ist es nicht möglich, dass man sein Hirn einschaltet, und überlegt, was jemanden stören könnte und was nicht?

Natürlich kann man jetzt sagen: “Die war in Goldhain, da gehe ich einfach davon aus, dass die das nicht stört.” Aber selbst das ist dämlich. Vor allem, wenn jemand explizit sagt: “Hey, das stört mich. Lass das.” Spätestens dann sollte es relativ klar ersichtlich sein. Man kann – Überraschung! – aufhören, wenn jemand sich beschwert. Funktioniert auch im Real Life, aber nur so am Rande.

Die Frage am Anfang war ja auch eine andere: Ist die Rape-Taverne wirklich ein Thema? Leider ist die Antwort darauf: Ja. Solange Leute zu weit gehen, solange sie andere beleidigen und belästigen und solange sie andere um ihren Spielspaß bringen, ist es ein Thema.


Bebilderung © Activision Blizzard

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Autor/Autorin

Clemens Istel

Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!