Kolumne: Mit nur einer Hand zum schnellsten Spieler der Welt

Die Videospielwelt schreibt immer noch die besten Geschichten. Jene von Speedrunner Clinton “Halfcoordinated” Lexa ist eine ganz besondere. Von Thomas Kunze

Es ist immer wieder schön zu sehen, welch positive Geschichten in der Gamingkultur zu finden sind. Sei es, dass ein Spieler in einem alten Rennspiel den Ghost seines verstorbenen Vaters findet oder dass eine Großmutter als NPC in TES 6 verewigt werden soll.

Solche Geschichten gibt es zahlreiche und für mich persönlich sind sie immer dann am beeindruckendsten, wenn es darum geht, welche inklusive Kraft von Computerspielen und den dazugehörigen Communities geht.

Eine solche Geschichte ist die von Clinton Lexa, einem Speedrunner, der besser bekannt ist unter dem Namen Halfcoordinated. Er ist beim großen Speedrunning-Marathon Games Done Quick einer der prominentesten Spieler. Seit 2015 präsentiert er dort regelmäßig und durfte die GDQ-Veranstaltung auch schon mit einem Speedrun eröffnen.

Keine Hürde zu groß

Die Geschichte von Halfcoordinated ist deswegen so bemerkenswert, weil er, wie sein Name schon andeutet, mit einem Handicap an Spiele herangehen muss. Er leidet unter Hemiparese, einer leichten Lähmung der rechten Körperhälfte, die dazu führt, dass er nur mit einer Hand spielen kann.

Dafür hat er keinen speziellen Controller oder sonstige Hilfsmittel. Er spielt einfach mit einer Hand. Der Controller liegt auf seiner rechten Hand und mit der linken bedient er alle Tasten und Sticks. Und das so gut, dass er in seinen bevorzugten Games zu den besten gehört.

Dazu gehört natürlich jahrelanges Training und eine besondere Hingabe und Hartnäckigkeit. Er selbst relativiert das, ganz wie es seine bescheidene Art ist. Aber natürlich tritt er gegen alle anderen an, die kein Handicap haben und arbeitet – so wie es im Speedrunning oft üblich ist – mit anderen Runnern zusammen, um bessere Zeiten zu erzielen.

So hat er für die AGDQ 2019 das Spiel Hob gespielt und gemeinsam mit einem anderen Runner namens SeductiveSpatula den Run weiterentwickelt. Sie schlagen sich bei den Zeiten nicht nur gegenseitig, sondern helfen sich, besser zu werden und das Wissen rund um das Spiel permanent zu erweitern.

Clint ist nicht nur dafür bekannt, dass er diese ungewöhnliche Leistung erbringen kann, er gehört auch zu den beliebtesten und bekanntesten Runnern, weil er aus seiner Situation keine große Sache macht, sich selbst nicht so ernst nimmt und ein so bescheidenes Wesen hat. Er ist einfach ein perfekter Repräsentant für die Speedrunning-Community, die sich häufig durch ihre Offenheit und Inklusivität auszeichnet.

Aufgrund seiner Situation und seiner Persönlichkeit ist Halfcoordinated inzwischen auch sozusagen zum Sprecher und Vertreter für Spieler und Spielerinnen mit Behinderung geworden. Er engagiert sich für dieses Thema, um auch anderen zu zeigen, was möglich ist, wenn es um Inklusion im Gaming geht.

Inklusion auf dem Schirm haben

Wie bereits früher schon erwähnt, ist die Berücksichtigung von Spielerinnen mit Handicap ein wichtiges Thema in der Spielebranche geworden. Es gibt nicht nur blinde Fighting Games-Spielerinnen und Streamer mit Handicap, die uns zeigen, welchen Wert diese Kultur in ihrem Leben hat, da sie sich gerade hier als nicht-behindert und kompetent erfahren können. Es gibt inzwischen auch Games-Studios, Content-Producer und Hardware-Produzenten, die die Bedürfnisse dieser Gamerinnen ernst nehmen und ihnen so nicht nur das Spielen von immer mehr Spielen ermöglichen.

Davon profitiert die gesamte Gamingkultur, denn die Fragen rund um User Interfaces, User Experience und Spielmodi sind relevant für alle Gamerinnen und sogar über die Spielekultur hinaus.

Clint sagt dazu, dass vor allem die freie Neubelegung der Steuerung das Wichtigste ist – neben der Sicherstellung, dass alle relevanten Infos im Spiel klar kommuniziert werden. Wenn man ihn fragt, was er den Gamerinnen mit auf den Weg geben möchte, dann ist seine Antwort sinngemäß immer dieselbe: Lass dir nicht von anderen sagen, was du tun und was du nicht tun kannst. Finde selbst heraus, wo deine Limits sind und versuche immer, sie weiter zu pushen und zu verschieben.


Titelbild © Games Done Quick

Autor/Autorin

Gast Kommentar

Nicht nur uns beschäftigen Videospiele und ihre Macher. Auch diverse Gäste bieten spannende Perspektiven auf aktuelle Themen und bekommen auf Screaming Pixel eine Chance, ihre Meinung kundzutun.

Deine Mail-Adresse wird nicht gepostet. Die benötigten Felder sind markiert*