Gast Kommentar
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So früh wie noch nie ist 2019 das offizielle Spiel zur Formel-1-Saison erschienen. F1 2019 – das zehnte Formel-1-Spiel aus dem Hause Codemasters – unterstreicht dabei mit einer Vielzahl von Neuerungen, dass die Formel 1 videospieltechnisch langsam, aber sicher jene Popularität erreichen will, die der Fussball schon lange hat.
Augenfälliger als in allen anderen Bereichen wird das beim Thema Grafik. Der neueste Ableger der Serie stellt visuell einen Quantensprung dar, verglichen mit dem Vorgänger. Dass die grafische Glaubwürdigkeit einen nicht zu vernachlässigenden Anteil am gefühlten Realismus hat, ist längst klar.
Und die SimRacing-Konkurrenz hat in dieser Kategorie jüngst erheblich nachgebessert. Assetto Corsa: Competizione etwa verbindet fast fotorealistische Grafik mit der Fahrphysik einer waschechten Simulation. Project Cars 2 liefert atemberaubende visuelle Eindrücke, nimmt sich dafür beim Simulationsanspruch etwas weniger ernst. Und Gran Turismo Sport hat den “Ist-das-ein-Spiel-oder-ist-das-echt?”-Effekt vor allem mit dem eingebauten Fotomodus gepachtet.
Aber auch unter der Grafik-Haube zeigt F1 2019, dass man mit dem offiziellen Spiel zur Königsklasse neue Wege beschreiten will. Die Fahrphysik ist ein Stück glaubwürdiger geworden, die K.I. eine Ecke besser, auch wenn sie immer noch nicht an einen (fairen, nicht auf Rammstösse ausgelegten) menschlichen Gegner herankommt. Und der Fokus auf Multiplayer-Ligen unterstreicht, wo die Formel 1 hin will.
Die Verantwortlichen haben erkannt, dass man mit SimRacing eine neue Zielgruppe erreicht. Und dieser neuen Zielgruppe will etwas geboten werden – da ist der Schwerpunkt auf der Multiplayer-Komponente nur allzu verständlich. Die Fans sollen animiert werden, ihre eigenen Meisterschaften auszutragen, und dafür liefert das Spiel praktischerweise schon seinen eigenen Baukasten mit. Viel einfacher war es noch nie, selbst eine SimRacing-Liga auf die Beine zu stellen.
Eine kleine Zeitreise: Als F1 2010 – als erstes Formel-1-Spiel aus dem Hause Codemasters – auf den Markt kam, war der Multiplayer bestenfalls eine Randnotiz. Vorhanden, weil notwendig, aber nicht viel mehr. Neun Jahre später ist F1 2019 nicht nur ein Spiel, sondern eine eSports-Plattform – und weil die Formel 1 ihren virtuellen Wettbewerb mehr denn je ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken will, muss diese Plattform etwas hermachen.
Das ist auch ein Teil der Erklärung für den grafischen Fortschritt. Dem Hardcore-Simracer ist die Grafik, pardon, herzlich egal. Aber für einen Zuschauer, der sich, weil er zufällig darüberstolpert, anstelle des echten Rennens die Formel-1-eSports-Veranstaltung ansieht, ist der “Ist das echt?”-Effekt entscheidend, weil er den Unterschied zwischen “Ist ja nur ein Computerspiel” und “Das sieht ja fast aus wie in echt” ausmacht und damit potenziell darüber entscheidet, ob weitergeschaut oder weggeschaltet wird.
Für die Formel 1 ist das jährliche Computerspiel mittlerweile weit mehr als nur ein Merchandise-Gimmick, mit dem sich ein paar zusätzliche Euro lukrieren lassen. Es geht um Repräsentation des Sports – in leicht verbessertem Licht, denn virtuell gibt es ein bisschen mehr Action als auf der echten Rennstrecke. Das Spiel soll neue Fans gewinnen, neue Märkte erschliessen und für junge Rennsportfans ein erster, ernst zu nehmender Kontakt mit dem Sport sein.
Von diesem Zugang können sich andere Sportarten etwas abschauen. Denn die MotoGP, in vielen anderen Bereichen der Formel 1 weit voraus, hat virtuell noch Aufholbedarf. Die IndyCar-Serie verzichtet gar gänzlich auf ein eigenes Videospiel. Die Rallye-WM bemüht sich, den Anschluss zu finden, bietet aber schlicht noch zu wenig. Und die Langstrecken-WM hat mit ihrem grossen eSports-Event in Le Mans einen ersten Vorgeschmack darauf geliefert, was die Zukunft an dieser Stelle bringen könnte.
Bilder © Sony, Koch Media
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