Trophäen und Achievements können ungemein zum Unterhaltungswert eines Spiels beitragen. Doch sie bergen auch jede Menge Frustpotential.
Kaum ein Videospiel kommt heute ohne sie aus: Trophäen und Achievements. Sie belohnen uns für Storyfortschritt, besondere Ausdauer oder das Entdecken von versteckten Inhalten. Jeder kennt die kleinen Nachrichten am Bildschirmrand, die uns mit einem liebevollen “Bling” darauf aufmerksam machen, dass wir gerade etwas ganz Besonderes geschafft haben.
Aber warum gibt es sie überhaupt? Rollen wir das psychologischer Seite auf: In unserem Hirn entstehen Glücksgefühle, wenn wir uns einer Herausforderung erfolgreich gestellt haben. Das motiviert unterbewusst zum Weiterspielen. In manchen Spielen, vorwiegend am Mobile- oder Browsergame-Markt, nimmt das mitunter diabolische Ausmaße an. Wie beispielsweise auch die aufdringliche rote Zahl bei Facebook-Neuigkeiten, sind das zwar keine klassischen Achievements. Das Prinzip dahinter ist aber dasselbe.
Achievements und Trophäen, wie sie auf Steam, Xbox und Playstation erspielt werden können, bergen weitaus größeres Potential, als nur die Spielsucht zu fördern. Richtig eingebaut bieten sie dem Spieler abseits einer Hauptstory eine Langzeitmotivation. Sie weisen meist auf einen Teil des “Endgame” hin – also jenen Teil des Spiels, der über eine etwaige Kampagne hinaus noch Inhalte bietet. In RPGs sind das klassischerweise besondere Bosse oder Levels, die erst mit mühevoll gefarmter Ausrüstung zu bewältigen sind.
Eine Frage der Perspektive
Wie Trophäen auf uns wirken, hängt jedoch vom Spielertyp ab. Manchen sind die kleinen Belohnungen nicht wichtig, auch wenn sie in unserem Hirn sehr wohl eine Reaktion provozieren. Es sind die beiden Typen von aktiven Trophäenjägern, in denen die Krux liegt.
Typ A will seine Statistik mit allen Mitteln aufbessern, er will die Gold- und Platinpokale einfach nur haben. Typ B will sich seine Achievements verdienen. Er investiert auch zig Stunden in ein Spiel und ist erst zufrieden, wenn jeder Winkel erforscht und jedes Item gelootet ist.
Wer also Trophäen in sein Spiel einbaut, muss diese drei Typen stets im Kopf behalten. Langzeitmotivation bedeutet nicht für jeden dasselbe und es ist nahezu unmöglich, alle drei Charaktere gleichermaßen anzusprechen. Die folgenden Beispiele sollen nun zeigen, wie Trophäen sinnvoll eingesetzt werden und in welcher Form sie sogar den Spielspaß trüben können.
Easy Mode
Die Episoden-Spiele von Telltale Games sind in aller Munde. Wahlmöglichkeiten bei Dialogen und Quicktime-Events lassen uns die Spiele, die einem interaktiven Film ähneln, mit relativ geringem Aufwand durchleben. Als Belohnung winkt pro absolviertem Kapitel eine Trophäe. Am Ende der Geschichte blinkt so auch der begehrte Platinpokal in unserer Playstation-Statistik auf.
Für Typ A ein gefundenes Fressen, Typ B findet hier maximal eine gute Geschichte als Regenerationstraining. Immerhin: In The Wolf Among Us können Lexikoneinträge erst durch erneutes Spielen einiger Kapital komplettiert werden. Da die Geschichte aber nur minimal andere Wege geht, kann von einem wirklichen Wiederspielwert nicht die Rede sein. Hier wurde das Potential von Trophäen durch das Spielprinzip also gar nicht erst ermöglicht.
Stichwort Wiederspielwert
Wir kommen nicht umhin, David Cages Meisterwerke unter die Lupe zu nehmen. Der steht zwar gerade wegen dem negativen Arbeitsumfeld bei Quantic Dream und der Darstellung von häuslicher Gewalt in einem Trailer zu seinem kommenden Spiel Detroit: Become Human in der Kritik. Doch seine Spiele, allen voran Heavy Rain, sind hervorragende Beispiele für Wiederspielwert.
Interessanterweise empfiehlt Cage, seine Spiele nur einmal zu spielen, um das ideale Erlebnis zu bekommen. Im Gegensatz zu Telltale Spielen können Entscheidungen in Heavy Rain die Geschichte aber in eine grundsätzlich andere Richtung lenken. Aufwand und Belohnung stehen dabei auch für den schnellen Sammlertyp A in einem ausgewogenen Verhältnis. Die passenden Trophäen und der Ausblick auf eine neue Geschichte motivieren hier also alle Spielertypen gleichermaßen zu einem erneuten Durchlauf.
Langzeitmotivation done good, bad and ugly
Etwas kniffliger wird es bei Trophäen, die ein enormes zeitliches Engagement verlangen. Das kann aus diversen Intentionen der Fall sein. Multiplayer-Shooter wie CounterStrike: Global Offensive kommen traditionell mit unterschiedlichsten Achievements für das Benutzen bestimmter Waffen und eine entsprechende Zahl Abschüsse mit derselben.
Dazu finden sich auch Errungenschaften, mit denen Spieler in weniger populäre Spielmodi gezogen werden sollen. Bei CS:GO stehen wohl der klassische 5on5 Wettkampf sowie Deathmatch immer noch an der Spitze der Beliebtheitsskala. Für Trophäen wie “King of the Hill” müssen aber ganze 5000 Spiele in einem von zwei anderen Modi absolviert werden. Gewinnt der Spieler 1000 davon, winkt eine weitere Belohnung. Es spricht Bände über die Sinnhaftigkeit dieser Achievements, dass innerhalb der CSGO-Community diverse Mods existieren, die automatisiert “erspielen”, wozu die wenigsten Lust haben.
Open-World-Spiele dagegen profitieren von ihren Trophäen immens, wenn diese richtig gesetzt sind. Assassin’s Creed Origins fördert durch die Achievements den Entdeckergeist der Spieler – sowohl beim Erforschen der gigantischen Spielwelt, als auch im Bezug auf Spielmechaniken. Neben den vielen verschiedenen Orten sollen die Spieler auch Skills und Gadgets ausprobieren. Was gibt es Cooleres, als in Zeitlupe von einer Tempelmauer zu hechten und dabei mit dem Bogen Wachleute mit gezielten Headshots auszuschalten?
Abseits der üblichen Plattform Trophäen vergibt Ubisoft eigene Auszeichnungen. © Ubisoft
Die ausgewogene Mischung an Fortschritts- und Entdecker-Trophäen besticht in diesem Fall auch durch das Weglassen des Komplettierungszwangs. Wer auf das maximale Charakterlevel für Bayek kommen will, wird viele Nebenquests abschließen müssen. Diese bleiben sowohl im Spiel als auch auf Trophäenseite optional. Die Platin-Trophäe ist zeitlich zwar aufwändig, und wie trophies.de auch erwähnt, an einer Stelle sogar verpassbar, mit der nötigen Disziplin aber für jedermann erreichbar.
Außerdem spielt der Zufall nur eine verschwindend geringe Rolle. Lediglich die “Überhitzt”-Trophäe verlangt die Hilfe von Fortuna, um die richtige Halluzination in der Wüstenhitze hervorzurufen. Dass RNG (Random Number Generator) jedoch auch die Lust an der Trophäenjagd gründlich verderben kann, zeigt ein frisches Beispiel:
Monster Hunter World eilt der Ruf als reines Boss-Grind-Spiel voraus. Kaum jemand dürfte überrascht sein, dass viele der Trophäen “Jage X-mal”, “Crafte Y-mal” und “Absolviere Z-mal” lauten. Dazu kommen die üblichen Achievements für Questfortschritt und gut versteckte Entdeckungen im Abenteuerspielplatz. Eine handvoll Errungenschaften dürfte jedoch selbst die hartgesottensten Trophy Hunter abschrecken.
Für eine von sechs Trophäen reicht die silberne Krone. Für Gold möchte Fortuna unzählige Male schick ausgeführt werden. Ain’t nobody got time for that! © Capcom
Wir müssen die Monster nicht nur in großer Zahl erlegen, sondern auch in ganz bestimmten Größen. Wie groß ein Exemplar ist, bestimmt ein Zufallsgenerator. Für die sechs Trophäen muss jeweils das absolut größte und kleinste Monster überhaupt von jeder Spezies erjagt werden – lediglich die erste Krone für große Monster verlangt nicht nach dem absolut größten Exemplar.
Dem Autor dieser Zeilen klappte bei einer intensiven Forenrecherche krachend die Kinnlade herunter, als von mehreren tausend erfolglosen Jagdstunden in vergangenen Ausgaben des Spiels die Rede war. Nach rund 100 Spielstunden steht derzeit jedenfalls noch keine einzige goldene Krone zu Buche. Damit zählt die Platin-Auszeichnung für Monster Hunter World wohl zweifelsohne zu den schwierigsten der Welt. Langzeitmotivation ja, aber bitte auch mit einem realistischen Ende in Sicht.
Zahlen sich Trophäen bald buchstäblich aus?
“Für eine Trophäe kann ich mir nichts kaufen”, mögen manche denken. Das stimmt so nicht. Ubisoft vergibt beispielsweise schon seit einiger Zeit Uplay-Punkte für besondere Errungenschaften in ihren Spielen. Diese können innerhalb des Ubisoft-Universums für diverse Ingame-Gegenstände eingetauscht werden. Eine zusätzliche Motivation zur Achievement-Jagd testet Sony gerade in den USA.
Ein Ausbau des Sony Reward-Systems ermöglicht es Spielern, ihre Trophäen zunächst in Punkte und somit bare Münze für den PSN-Store umzuwandeln. Zehn Platintrophäen sind dabei rund zehn US-Dollar wert. Spiele wie jene von Telltale Games würden dadurch einen großen Cashback für Spieler bringen. Die Mega Collection mit ganzen zehn Spielen war bis vor kurzem um 35€ im Ausverkauf. Neben tagelanger Unterhaltung bekämen Spieler auch einen erheblichen Teil der Kosten direkt wieder zurück aufs Guthabenkonto. Ob und wann das System weltweit verfügbar sein wird, steht bislang allerdings noch in den Sternen.
Titelbild © Sony
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