Manche Leute bekommen beim Spielen Panikattacken oder Flashbacks durch sogenannte Trigger. Das ließe sich leicht vermeiden. Von Florian Born.
So langsam wird es den meisten klar: Videospiele sind nicht böse. Sie machen nicht automatisch süchtig, gewalttätig oder dumm. Zumindest nicht mehr als alle anderen Medien. Tatsächlich ist teilweise das Gegenteil der Fall, denn sie können positive Auswirkungen auf unsere Psyche haben.
Der interaktive Charakter von Spielen fördert unsere Begabung im Bereich der Problemlösung, unsere Hand-Augen-Koordination und Teamfähigkeit. Allerdings haben sie auch Schattenseiten, die man nicht ignorieren sollte. Zum Beispiel Trigger.
Die Rede ist nicht von Triggern, wie sie Mitglieder einschlägiger Gruppierungen im Internet gern bejammern – meistens im Kontext von Begriffen wie SJW oder Gutmensch. Gemeint sind psychologische Trigger im Kontext mit Phobien und Traumata. Es geht hier also nicht darum, “ja niemandem auf die Füße zu treten”, sondern um Leute mit echten psychischen Problemen.
Vorsicht: Trigger
Grundlegend sind Trigger äußerliche oder internale Reize, die bei Menschen, die in ihrem Leben schwere Traumata durchlebt haben, Flashbacks oder Panikattacken auslösen können. Eine der gängigsten und bekanntesten Varianten davon kommt bei Kriegsveteranen vor, die sich etwa durch Helikopter-Geräusche in eine Szenerie aus ihrer Dienstzeit zurückversetzt fühlen. Meistens in keine schöne.
Trigger können aber auch in diversen anderen Situationen vorkommen. Zum Beispiel bei Vergewaltigungsopfern, Drogensüchtigen oder starken Phobikern. Und sie können auch viele verschiedene Formen annehmen. Geräuschen und Bilder, bestimmte Szenerien, Gerüche bis oder auch Erzählungen und einzelne Worten können einen Flashback oder eine Panik-Attacke auslösen. In Videospielen, die sich oft um gewalttätige Themen drehen und gleichzeitig noch mehr Immersion bieten als Filme oder Bücher, sind die Effekte natürlich vorprogrammiert.
Doch wie soll man sich auf solche Trigger vorbereiten? Wie kann man Flashbacks, Panikattacken oder extreme körperliche Reaktionen wie Herzflattern verhindern? Das Stichwort lautet: Triggerwarnungen.
Vorsicht: Panikattacke
Beispielsweise könnten Betroffene die entsprechenden Passagen im Vorfeld einsehen und die nötigen Maßnahmen setzen. Je nachdem, wie stark sie auf ihren jeweiligen Trigger reagieren, werden sie das Spiel entweder nicht in der Öffentlichkeit oder nur gemeinsam mit einem Freund spielen oder sogar ganz darauf verzichten. Schließlich geht die eigene Gesundheit immer vor.
Das könnte entweder durch Symbole auf der Verpackung für gängige Trigger geschehen. Darstellungen von sexueller Gewalt, Helikopter, Suizid, Drogen oder Spinnen. Alternativ würde sogar ein Symbol oder ein Hinweis auf der Packung oder im Store reichen, der sagt: “Hey! Dieses Spiel könnte Trigger auslösen! Geh auf Website.xyz, um zu sehen, welche das sind.”
Mit dieser Methode lässt sich übrigens auch eines der gängigsten Argumente gegen Trigger-Warnungen aushebeln: Die Angst, gespoilert zu werden. Einige Leute gehen davon aus, dass Trigger-Warnungen ihnen im Vorfeld das genaue Umfeld der Szene beschreiben und deshalb auch wichtige Teile der Geschichte verraten. Durch kryptische Symbole lässt sich das verhindern.
Vorsicht: Überwältigung
Das zweite Argument gegen Trigger-Warnungen ist, dass es – da ja jeder Mensch unterschiedliche Erfahrungen macht – quasi unzählige Trigger gibt. Manche Leute reagieren auf bestimmte Lieder, Wörter oder sogar Farben. Vor all dem zu warnen, wäre quasi nicht bewältigbar.
Das verlangt allerdings auch niemand. Leute, die wissen, dass sie einen seltenen Trigger haben, wissen auch, dass man sie vor diesen kaum warnen kann. Allerdings gibt es durchaus gängige Auslöser. Die eingangs genannten Helikopter zum Beispiel.
Außerdem muss man ja auch nicht den genauen Trigger erwähnen. Erneut: Die Facetten davon sind gewaltig. Stattdessen könnte man sich auf allgemeine Themen konzentrieren, die das Spiel behandelt. Vor allem, wenn sie nicht ohnehin aus dem Genre selbst hervorgehen. Bei First-Person-Shootern rechne ich zum Beispiel mit schwerem Kriegsgerät, aber vielleicht weniger mit Drogenkonsum. Wenn der im Spiel vorkommt, kann man das im Vorfeld erwähnen.
Vorsicht: Entscheidungsfreiheit
Es geht hier nicht darum, jemandem den Spaß am Spiel zu verderben. Niemandem wird verboten, ein Spiel zu spielen. Stattdessen gibt man den Betroffenen nur die nötigen Informationen, damit sie selbst entscheiden können, wie und ob sie sich ihren Triggern stellen wollen.
Ein letzter Vorschlag noch, der die Möglichkeit von Spoilern komplett ausschließt. Eine Website, nicht von den Publishern selbst sondern von einer unabhängigen Instanz, auf die die Publisher die nötigen Informationen stellen können. Wie auf einem Wiki würde hier gesammelt, welche Trigger in welchen Spielen auftauchen. Vielleicht sogar Open-Source, damit alle eintragen können.
Aber eigentlich ist es auch egal, wie wir es lösen. Klar ist nur, dass wir es lösen müssen, wenn wir wollen, dass möglichst viele Videospiele erfahren können, ohne eine Panikattacke mitgeliefert zu bekommen, von der sie nichts wussten. Es geht darum, dass wir die Spielerfahrung für alle zugänglich gestalten.
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