Gast Kommentar
Nicht nur uns beschäftigen Videospiele und ihre Macher. Auch diverse Gäste bieten spannende Perspektiven auf aktuelle Themen und bekommen auf Screaming Pixel eine Chance, ihre Meinung kundzutun.
Vorab: Ich will dir an dieser Stelle nichts über den Plot verraten. Dieser Artikel ist also spoilerfrei. Ich will lediglich versuchen dir näherzubringen, warum ich stundenlang an meinem Smartphone hänge, mit einer erfundenen Person schreibe und dabei manchmal meine Nerven verliere.
David Blythe ist der wahrscheinlich letzte Überlebende einer Zombieapokalypse. Verzweifelt verbarrikadiert er sich in seiner Wohnung und zehrt an den letzten Vorräten. Draußen nur ziellos umherstreifende Untote. Seine Versuche, nach weiteren Überlebenden zu suchen, waren erfolglos. Bis er dich findet.
David bastelt sich ein Gerät zusammen, das alle möglichen Rufnummern anschreibt. Gerade als er kurz davor ist, aufzugeben, schafft er es, dich über dein Smartphone zu erreichen.
Nun liegt es an dir, den völlig fertigen David durch die mit Zombies verseuchte Welt zu manövrieren. Via Textnachrichten. Aufgebaut wie ein Instant Messenger á la WhatsApp kannst du mit David kommunizieren und ihm sagen, was er tun soll.
Das erste Ziel ist es, ihn unfallfrei aus seinem Wohnhaus zu bekommen. Oft gestaltet sich dabei der Dialog mit David schwieriger, als nicht von Zombies gefressen zu werden. Man kann ihm allerdings nicht übel nehmen, dass er dir nach so langer Zeit der Isolation ein bisschen skeptisch gegenübersteht. Zudem bist du nicht der Einzige, von dem David Nachrichten erhält.
Sogenannte Echos geistern sowohl durch Davids als auch durch dein Smartphone. Du kannst den Nachrichten allerdings nicht antworten. Vielmehr sind sie dazu da, dir die Geschichte näher zu bringen: Was geschah vor der Apokalypse?
Nach und nach erreichen dich mehr Echos. Interessanterweise auch welche von Davids Freunden. Er erzählt, dass es alte Nachrichten seien, die vor langer Zeit verschickt wurden und durch eine Störung jetzt auf die Handys gespielt werden.
So bastelst du dir also Davids Vergangenheit zusammen. Welchen Nachrichten du Glauben schenkst, bleibt dir überlassen.
Und da kommen auch schon die ersten Zweifel auf. Irgendwas an Davids Geschichte scheint nicht ganz koscher. Jedoch kann man ihm seine verwirrte Art nicht verübeln. Ja, er ist hin und wieder etwas tapsig und er hört auch nicht immer auf dich, aber eigentlich tut er einem nur Leid.
The Parallax schafft es, dass man eine emotionale Bindung zum Protagonisten aufbaut. Man will David unbedingt helfen. Man will allerdings auch herausfinden, was vorgefallen ist. In diesem Zwiespalt findet man sich als Spieler sehr schnell wieder.
Die Verbundenheit, die man zu David aufbaut, belebt das Spiel. Es würde nicht funktionieren, wenn einem das Überleben des Protagonisten egal wäre. Schnell hängt man Stunden am Smartphone und wartet auf eine Nachricht von David.
Während man auf Nachrichten von David wartet, der nicht zurückschreiben kann weil er gerade Auto fährt oder isst, kann man sich in Echochats herumtreiben und Gespräche von Davids ehemaligen Bekannten verfolgen.
Die Zwangspausen sind wichtig. Sie entschleunigen das Spiel und machen The Parallax in seinem Spielgefühl einzigartig. Es ist fast schon so, als würde man auf die Nachricht eines Freundes warten, der einem etwas Wichtiges mitzuteilen hat. Hin und wieder kann man vergessen, dass es sich bei David um eine fiktive Person handelt.
Natürlich ist, wie im echten Leben, nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen. Manchmal weiß man nicht so recht, ob man Mitleid mit David haben soll, oder ob man ihn gerade einfach nur hassenswert findet. Zum Beispiel dann, wenn er wieder mal nicht auf uns hört oder sich zu leicht ablenken lässt. Ich würde hier gerne ein Zitat aus der Redaktion nennen:
„The Parallax macht mich wütend. Bin in Lebensgefahr, also erst mal eine SMS schreiben? Kein Wunder, dass du von Zombies gefressen wirst, Dave! (…) Weniger Schreiben – Mehr Überleben! Was kommt als nächstes? Selfies? So muss es sich anfühlen, wenn man mit Paris Hilton simst!” -Mike
Und ja, es stimmt schon. David kann einen wütend machen, was mir persönlich allerdings nur bestätigt, wie lebensnah sein Charakter geschrieben wurde. Genau das macht interaktive Geschichten aus: Es muss diese Momente geben, in denen man vergisst, dass es eine Geschichte ist.
Bebilderung: ©Dennis Nicolas Perzl
Nicht nur uns beschäftigen Videospiele und ihre Macher. Auch diverse Gäste bieten spannende Perspektiven auf aktuelle Themen und bekommen auf Screaming Pixel eine Chance, ihre Meinung kundzutun.