Kingdom Come: Deliverance war für uns eines der meisterwarteten Spiele 2018. Jetzt nicht mehr. Warum? Lasst mich dazu weiter ausholen:
[Anm.: Es gibt ein Update mit einem Statement der Entwickler am Ende diese Artikels.]
Kingdom Come: Deliverance war ein spannendes Spiel für uns bei Screaming Pixel. Es wurde von Tschechen entwickelt. Erscheinen würde es bei einem deutschen Publisher. Behandeln würde es die böhmische Geschichte und das angeblich akkurat. “So Historically Accurate Historians Are Consulting The Dev Team”, hieß es. Das alleine hatte schon unsere Neugier geweckt.
Außerdem würde das Spiel mit einigen Konventionen der Branche brechen. Keine Mini-Map, kein Quest-Log und Methoden, damit wir nicht mehr andauernd speichern. Hinzu kommen noch eine schön gecraftete Welt und ein Kampfsystem, das Schwertkämpfer genauer hinhören ließ. [Anm.: Ich habe kürzlich mit einem Schwertkämpfer gesprochen und bei seinen meist-erwarteten Titeln für das nächste Jahr stand Kingdom Come: Deliverance weit oben.]
Und doch wenden wir uns jetzt von dem ambitionierten Projekt ab? Was läuft falsch mit uns, fragt ihr euch sicher. Die Sache ist die:
Kingdom Come: Deliverance transportiert rechtsradikale Ideologien
Kürzlich sind einige Aspekte zu Kingdom Come: Deliverance und vor allem dessen Chef-Entwickler Daniel Vávra aufgekommen, die uns Abstand zum Spiel suchen lassen. Wie der Blog Let’s Play History berichtet, hat sich der Entwickler, der zunächst an Spielen wie Mafia II mitgearbeitet hat, in mehr als nur einem Fall als Nationalist geoutet.
So zum Beispiel meinte er im Gespräch mit Polygon-Autor Arthur Gies auf Twitter:
“I just read your Wicther3 (sic!) @aegies review and wanted to ask – do you think that Europeans dont have right for our own history and heritage? Do you think, that everytime we want to tell the story about us, we need to inject some other cultures into it not to be racist?”
Auf Gies’ Antwort hin, dass es sehr wohl nicht-weiße Menschen im Europa des Mittelalters gegeben habe, meinte Vávra schlicht, er könne das nicht wissen, weil er Amerikaner sei. Er selbst hingegen “was only born on the borders of Bohemia, Germany and Poland so I dont (sic!) know shit.”
In anderen Situationen wandte er sich stark kritisch und herablassend (Euphemismus) gegen den Tumblr-Blog People of Color in Medieval European Art History, in dem mit historischen Fakten gegen den Irrtum angekämpft wird, das Mittelalter sei rein weiß gewesen. In anderen Worten: Der Posteingang der Initiatorin des Blogs wurde mit Hassmails gefüllt. Von Mitgliedern von #GamerGate.
Natürlich ist es #GamerGate
#GamerGate ist eine lose Gruppierung von Gamern, die meint, es gebe ein strukturelles Problem in der Berichterstattung über Videospiele, da viele Journalisten mit Entwicklern verbandelt seien. Also befreundet oder liiert. Im Prinzip haben sie ein Problem mit fehlender Transparenz. Angeblich zumindest.
Laut Gawker ist das aber hauptsächlich Deckmantel für misogynes Verhalten, da sich die “Kerngruppe der Gamer” (männlich und weiß), von den Minderheiten “unterdrückt” fühlt und sich nicht mit der Repräsentation von Frauen und Schwarzen in Games auseinander setzen will. Vergleiche zu PEGIDA und Konsorten dürfen gezogen werden.
Vávra hat sich positiv über #GamerGate geäußert. Seine generelle Meinung gegenüber der Presse ist auch leicht erkennbar. [Anm.: Dieser Link führt zu The Escapist. Das Magazin bewegt sich im Alt-Right-Umfeld, wie unsere Recherchen ergaben.] Ein weiterer Entwickler von Warhorse, Ondrej Malota, hat sich #GamerGate angeschlossen.
Es lässt sich ein Muster erkennen. Verstärkt wird es dadurch, dass der Chef-Entwickler von Warhorse Studios in ähnlichen Interviews den Rassismus, den Sexismus und den Nationalismus des Spiels verteidigt. Keine nicht-weißen Charaktere. Keine spielbaren Frauen, sowie die Möglichkeit Frauen in Tavernen zu verführen. Um nur drei Beispiele zu nennen.
Die Tatsache, dass Vávra ein Fan des Projekts Burzum ist – das schließen wir zumindest daraus, dass er bei einem Interview mit Game Two ein Shirt davon trug –, hilft seinem Fall auch nicht wirklich. Burzum ist das Ein-Mann-Black-Metal-Projekt des Norwegers Varg Vikernes. Der saß für 14 Jahre im Gefängnis. Wegen Mordes und wiederholter Brandstiftung. Jetzt macht er nationalsozialistisch inspirierte YouTube-Videos.
Wir sagen Nein
All diese Punkte – Rassismus, Nationalismus, Sexismus, gedankliche Nähe zu Neonazis – vonseiten des Chef-Entwicklers stoßen uns hier bei Screaming Pixel bitter auf. Wieder ein Euphemismus. Wir finden sie zum Kotzen. Im Sinne unserer Blattlinie haben wir uns deshalb dafür entschieden, dem Spiel Kingdom Come: Deliverance keine Plattform zu bieten.
Es wird nicht mehr in Artikeln auftauchen. Es wird keine Review dazu geben. Und auch Ideen für Content, die wir rund um das Spiel entworfen haben, werden wir erst zu einem anderen Zeitpunkt umsetzen. Vermutlich wird das kommende Mount and Blade-Sequel hier zum Zug kommen. Hier konnte man schon im ersten Teil Frauen spielen. Und Schwarze.
Kurz: Bei Screaming Pixel stehen wir für Gleichberechtigung. Wir sprechen uns klar gegen Sexismus, Rassismus, Nationalismus und Homophobie aus. Darum boykottieren wir Kingdom Come: Deliverance.
Update (18.01.18):
Via Gamestar haben Daniel Vávra und Martin Klima von Warhorse Studios jeweils ein Statement zu den oben genannten Vorwürfen veröffentlicht, die versuchen, auf diese einzugehen.
Update (20.01.18):
Nach eingehender Lektüre der Statements möchten wir diese nicht unkommentiert stehen lassen: Zu unserem Update.
Bebilderung © Warhorse Studios