Zu Besuch im Game Science Center in Berlin

Das Game Science Center in Berlin beweist die vielen unerschöpften Möglichkeiten von Videospielen. Ein Besuch in Berlin. Von Florian Born.

Wir haben bei Videospielen ein interessantes Zeitalter erreicht. Auf der einen Seite wurden noch nie so viele hochqualitative Games mit so vielen unterschiedlichen Ideen umgesetzt. Auf der anderen Seite sind aber gefühlt all diese Games irgendwie gleich. Wir haben, Shooter, RPGs, Renn- und Sportspiele und die gelegentlichen Sidescroller und Beat’em’Ups zum Zwischenstreuen.

Indies könnten hier zwar für Abwechslung sorgen, aber ein Großteil der Gamer traut sich sowieso nicht an diesen unübersichtlichen Haufen  aus kleinen aber feinen Spielen heran. Außerdem ist ja sowieso jedes zweite ein Rogue-like mit 8- oder 16-bit-Grafik. [Anm.: Ein wenig überspitzt, aber ihr versteht, worauf ich hinaus will.]

Alles in allem: Trotz all der guten Ideen, Geschichten und dem stetig wachsenden Budget sind Videospiele festgefahren. Letzteres kann wiederum mit den hohen Budgets zusammenhängen. Es gibt aber einen Ort in Berlin, wo man den Mut zum Neuen noch nicht verloren hat.

Ein Überblick im Game Science Science Center.

Das Game Science Center

Langer Einleitung kurzer Sinn: Mitten in Berlin steht das Game Science Center. Dort haben Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, “schon jetzt mit den Technologien der Zukunft spielerisch in Berührung zu kommen.” 25 Exponate warten nur darauf, von uns ausprobiert zu werden. Diese “Technologien der Zukunft” stellen das Prinzip Videospiel dabei teils komplett auf den Kopf.

Eingabe

Während wir zuhause mit Gamepad oder Maus/Tastatur spielen – ein paar Mutige vielleicht auch mit VR-Brillen – zeigt das GSC völlig neue Eingabemöglichkeiten. Ein besonderes Highlight ist zum Beispiel das Exponat Robots.

Per Gestenerkennung müssen wir hier die die Köpfe von Robotern auf ihre Hälse stecken. Dazu greifen wir in den leeren Raum und nach den virtuellen Köpfen. Das Leap Motion-System registriert unsere Fingerbewegungen und überträgt sie auf die digitale Hand.

Die Hand wird ins Spiel gezogen.

In einem Spiel ist ein festgeschnallter Fußball unser einziger Knopf. Treten wir ihn, treten auch unsere beiden Spieler am Bildschirm zu. Teils müssen wir auch ganz altmodisch Klötzchen verschieben oder – auf der anderen Seite des Spektrums – unsere Augen werden zum Controller.

In Eye Asteroids ist der Name Programm. Wir zerstören Asteroiden, indem wir sie anstarren. Das fühlt sich wie Cyclops’ oder Supermans Laserblick an, demonstriert aber auch anschaulich eine Technologie mit diversen Anwendungsbereichen, wie wir der Website des GSC entnehmen können:

Quote: Es ist ein intuitiver Weg, um mit dem Computer zu interagieren und eröffnet viele Möglichkeiten, da man die Hände frei hat. Zudem ermöglicht es Menschen mit Bewegungseinschränkungen neue Wege der Interaktion.

Ausgabe

Doch nicht nur die Eingabe-Geräte werden im GSC neu gedacht. Auch der Output steht auf dem Kopf. So zum Beispiel bei einem Spiel, das man als Gegenströmung zum 3D-Film ansehen kann.

Line Wobbler existiert nur auf einer Dimension. Auf einem Strich also, der sich über die Wand und die Decke erstreckt. Hier muss man einen kleinen Punkt vom einen Ende zum anderen schicken und Feinden ausweicht, indem man am Joystick wackelt oder “wobbelt”. Wer meint, Spiele werden leichter, je weniger Dimensionen man beachten muss, irrt allerdings gewaltig.

Ein Joystick, eine Dimension.

Ein anderes Spiel geht sogar noch einen Schritt weiter und verzichtet komplett auf alle LEDs. Der Choosatron sieht aus wie der Zettel-Drucker bei einer Registrierkassa und macht kaum etwas anderes: Er druckt uns die Geschichte, die wir spielen aus. Dabei gibt es mehrere Stories zur Auswahl und in jeder wieder diverse Entscheidungsmöglichkeiten. Per Knopfdruck geht es immer weiter.

Wer braucht schon Bildschirme?

Realität?

Und dann gibt es noch die Spiele, die die ganze Sache mit der Realität infrage stellen. Und wir reden hier noch nicht mal von der Oculus VR, die man am Ende des Besuchs beim Ausgang ausprobieren kann.

PONG Invaders macht zum Beispiel uns selbst zum Controller. Beziehungsweise den Tischtennisschläger in unserer Hand. Damit müssen wir die angreifenden Aliens auf der anderen Seite des Tisches – also der Wand – davon abhalten, den Boden zu erreichen. Indem wir sie mit einem Ball abschießen. Klingt schwer? Ist es auch. Selbst mit Tischtennis-Skills.

Wie in Kindertagen.

Schließlich bleibt noch ein Highlight übrig. Die AR Sandbox. Grundlegend eine Sandkiste, gefüllt mit einem speziellen Sand, der gut zusammenhält. Darüber hängen ein Projektor und eine Kamera, die in perfektem Einklang die Höhe unserer Sandhaufen messen und sie in das dreidimensionale Abbild einer topografischen Landkarte verwandeln.

Bauen wir höher, verändert sich auch die projizierte Farbe: Erst blau, dann grün, rot und schließlich weiß. Halten wir unsere Hand über die Landschaft, “regnet” es sogar und wir können Seen, Flüsse und Bäche füllen. Reißen wir Dämme ein, fließt das Wasser hinunter.

Fazit

Damit beweist das Berliner Game Science Center zwei Dinge äußerst anschaulich:

Erstens: Man braucht kein Riesen-Budget, um kreativ zu sein oder spaßige Spiele zu erschaffen. Manchmal reicht ein Drucker mit vier Tasten oder eine Reihe LEDs.

Zweitens: Die Möglichkeiten für die Games der Zukunft sind mannigfaltig. Jetzt muss sie nur noch jemand umsetzen.

Autor/Autorin

Clemens Istel

Schon als Kind hatte Clemens lieber den MegaDrive Controller als das Fläschchen in der Hand. Rund ein Vierteljahrhundert macht er bereits virtuelle Welten unsicher. Ob RPG oder FPS, kaum ein Genre ist vor ihm sicher. Selbst im ESport hat der "Head of Head off" von Screaming Pixel seine Erfahrungen gesammelt. Grundsätzlich gilt für ihn: Je openworlder, desto zock!

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