Nach eingehender Lektüre der beiden Statements möchten wir sie nicht unkommentiert stehen lassen. Vorweg: Die Stellungnahmen bedeuten in unseren Augen eine positive Entwicklung.
Daniel Vávra und Martin Klima, Executive Producer von Warhorse, haben in der Gamestar (zum Artikel) zu den jüngsten Vorwürfen (zu unserem Statement dazu) Stellung genommen. Dennoch bleibt ein bitterer Beigeschmack und wir werden weiterhin von einer Berichterstattung zum Spiel selbst absehen. Die folgenden Worte sind als Update zu unserem Statement und der Diskussion zu sehen. Wir bitten darum, zunächst die zuvor veröffentlichten Texte zu lesen.
Bei Vávras Äußerungen und Auftritten ist von viel Dummheit und Unbedarftheit die Rede. Zugegeben, aus seinen Forenposts und Tweets lässt sich eine gehörige Portion Trotz herauslesen, die er mittlerweile bedauert. Er merkt ebenfalls an, dass sein Team nicht mit ihm über einen Kamm geschert werden soll und nun nicht für seine Fehler büßen soll. Demgegenüber könnte die Frage stehen, ob intern niemand Kritik an seinen Aussagen geübt hatte.
Zur historischen Genauigkeit: Seine vehemente Behauptung auf Twitter, es gäbe im Mittelalter keine “People of Color”, relativiert Vávra ebenfalls. Das Spiel würde nur einen sehr kleinen Ausschnitt des europäischen Mittelalters zeigen. Zudem seien im Spiel sehr wohl diverse Völker vertreten, beispielsweise Kumanen. Er nennt weitere Beispiele und nimmt damit jeglichen rassistischen Ideologien, die das Mittelalter gerne zur “weißen” Geschichte umdeuten, die Basis, das Spiel für ihre Weltanschauung zu missbrauchen.
Weiters äußert sich Vávra zu GamerGate und seinen politischen Ansichten. Es sei ihm immer nur um Meinungsfreiheit, die Freiheit für den Künstler und das Kunstwerk losgelöst von jedweder Politik, gegangen. Das mag ein nobler Gedanke sein, doch Kunst kann niemals losgelöst von ihren Schöpfern betrachtet werden und ist folgerichtig immer politisch. Die Ansichten der Kunstschaffenden bilden, wie auch im Journalismus, den Ausgangspunkt für weitere Prozesse. Diese angestrebte Objektivität ist niemals zu hundert Prozent zu erreichen.
So hätte ihm das Burzum-Shirt eigentlich nicht passieren dürfen. Das Album würde als Klassiker des skandinavischen Black-Metal angesehen werden, sagt er. Er wollte als Fan des Genres während der Gamescom 2017 lediglich jeden Tag ein anderes Shirt eines weniger bekannten Albums tragen. Wer hinter Burzum steht und welche Ideologie von Varg Vikernes vertreten wird, hätte bei kurzer Internetrecherche auffallen müssen. Ein Punkt, den auch wir zugegebenermaßen lange nicht gesehen haben.
Während wir diesen Faux-pas also nachvollziehen können, bleibt eine Sache jedoch völlig unerwähnt: Das Breitbart-Interview aus dem Jahr 2015. Wer professionell in Medien auftritt, muss sich mit diesen beschäftigen. Es bleibt unverständlich, warum Vávra ausgerechnet diesem Medium ein Interview gibt, wenn er laut seinem aktuellen Statement doch eine entgegengesetzte Weltanschauung vertreten will.
Am Ende bleibt ein Statement, das vieles, aber eben nicht alles klärt. Grundsätzlich sind die Stellungnahmen von Vávra und Klima begrüßenswert. Sie zeigen, dass eine Diskussion geführt werden muss und glücklicherweise auch die Bereitschaft dazu vorhanden ist. Sie nehmen rechten Ideologien die Möglichkeit, ein Spiel zu vereinnahmen.
Ob das das Ende der Debatte rund um Kingdom Come: Deliverance ist, wird sich aber erst zeigen. Die Diskussion rund um Kunst und ihre Betrachtung, die auch den Kontext in Form des Künstlers mit einschließen muss, wird jedenfalls weitergehen und hat dank des aktuellen Themas wieder frischen Wind in den Segeln.